Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gehörlosen Kindern Schulbildung ermöglichen
Biberacher Ehepaar setzt sich für Bildung und Ausbildung in Brikama ein – STEP Gambia wurde 2018 gegründet
BIBERACH - Strahlende Kinderaugen, glückliche Gesichter und ein positives Lebensgefühl – so sieht die Biberacherin Sonja Drammeh die Menschen in Gambia. Doch es gibt auch die Schattenseiten: fehlende Schulbildung, hohe Arbeitslosigkeit und Armut. Um Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen in Gambia Perspektiven zu verschaffen, hat Sonja Drammeh gemeinsam mit ihrem Mann Kawsu vor vier Jahren den Verein STEP Gambia gegründet. Erst kürzlich waren sie mit ihren beiden Kindern Amina und Amadou für sieben Monate vor Ort und haben sich um ihre Projekte gekümmert und geschaut, wo noch Unterstützung notwendig ist.
„Gambia ist so ein wunderschönes und vielseitiges Land mit vielen positiven Menschen“, sagt Sonja Drammeh. „Aber leider sehr arm, auch was die Bildungsstrukturen angeht.“Weil das für sie als Lehrerin nur schwer zu ertragen ist und auch, weil ihr Mann aus Gambia stammt, war es für das Biberacher Ehepaar irgendwann klar, einen Verein zu gründen und zu helfen. So unterstützen und betreiben sie eine Schule für gehörlose Kinder, setzen sich für Bildung und Handwerk in Brikama ein und befassen sich auch mit dem Leben in den kleinen Dörfern außerhalb der Stadt. Großes Ziel ist es, die Schule bis zur zwölften Klasse auszubauen.
Kawsu Drammeh ist vor rund 15 Jahren in Deutschland angekommen und hat sich in Biberach ein Leben aufgebaut. „Ich bin im Schwabenländle zu Hause, meine Kinder sind hier geboren und ich fühle mich wohl“, sagt der Gambier. Seine ursprüngliche Heimat trägt er aber immer im Herzen, schließlich lebt dort ein Teil seiner Familie. Vor elf Jahren hat er dann seine Frau Sonja geheiratet. Gemeinsam reisten sie auch schon in der Vergangenheit immer mal wieder nach Afrika.
„Ich habe irgendwann gesehen, wie viele Menschen auch aus Biberach sich in Afrika engagieren und
Spenden sammeln“, erzählt der 35Jährige. „Und da habe ich gedacht, wenn Menschen das machen, die nicht aus Afrika kommen, dann kann ich das auch für meine Heimat tun.“Kurzerhand gründete Familie Drammeh
Der Biberacher Verein STEP Gambia ist vor Ort sehr präsent.
den noch kleinen Verein STEP Gambia, mit dem Ziel, etwas zu bewegen. „Uns ist es wichtig, junge
Menschen beim Erwerb von Bildung zu unterstützen und sie in ihren beruflichen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Und das unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und Weltanschauung“, sagt Sonja Drammeh, die Lehrerin an der Biberacher Mali-Gemeinschaftsschule ist. „Ebenso setzt sich der Verein in ländlichen Kommunen ein und unterstützt bei der Schaffung existenzieller und nachhaltiger Strukturen.
Aktuell hat der Verein sieben Mitglieder aus Biberach und Umgebung, die das alles von Herzen unterstützen. Ein paar von ihnen waren bereits mit Kawsu Drammeh in Brikama und haben sich alles angesehen. „Transparenz ist uns sehr wichtig, die Sach- und Geldspenden kommen eins zu eins bei den Menschen in Gambia an.“
Wichtig ist dem Verein auch, dass nicht nur einfach Geld gespendet wird. Es geht darum, gemeinsam mit den Menschen vor Ort zu arbeiten und das umzusetzen, was nötig ist. „Es ist ein Engagement auf Augenhöhe“, sagt Sonja Drammeh. „Vor allem meinem Mann liegt das am Herzen. Er kennt das Leben und die Strukturen dort, spricht viele Dialekte und kommt so viel besser an die Menschen heran.“
Sonja und Kawsu Drammeh haben sich die Arbeit im Verein aufgeteilt. Die Lehrerin ist für den Bildungsbereich und die Schule zuständig und der gelernte Mechatroniker kümmert sich um die handwerkliche Aus- und Weiterbildung der Menschen. „Wir ergänzen uns deshalb sehr gut“, sagt Sonja Drammeh. Ziel ihres Mannes ist es auch, nicht für immer Geld zu spenden: „Es geht darum, die Menschen durch den Verein in die Selbstständigkeit zu bringen und so Perspektiven zu schaffen.“
Das größte Projekt ist aber die Schule für gehörlose Kinder in Brikama. „Die liegt mir sehr am Herzen. Vor allem, weil es Kinder in Gambia ohnehin schon schwer mit der Schulbildung haben, aber Kinder, die gehörlos sind, fallen oftmals hinten runter und werden nicht gesehen.“ Aktuell geht die Schule dort bis zur neunten Klasse. Sonja Drammeh hat es aber geschafft, beim Ministerium erfolgreich einen Antrag zu stellen, sodass es möglich wird, die Schule bis zu Klasse zwölf auszubauen. „Ich bin so glücklich, dass wir das geschafft haben, jetzt können wir endlich das angehen“, sagt die Biberacherin, die kürzlich mit ihrer Familie nach Bad Waldsee gezogen ist. „Klasse zehn startet bereits im September, mit Klasse elf geht es dann nächstes Jahr weiter und 2024 haben wir dann auch eine zwölfte Klasse“, freut sich die Verantwortliche.
Und genau da setzt das nächste Spendenprojekt an: „Uns fehlen aktuell noch die Räume für die zusätzlichen Klassen, dafür wird wohl ein Anbau nötig sein“, sagt Sonja Drammeh. „Außerdem brauchen die Kinder Schuluniformen und Lernutensilien.“Deshalb ist der Verein auch noch auf der Suche nach Patenschaften für die Schule. „Mit 100 Euro im Jahr kann man sehr viel bewirken, wir haben zum Glück auch schon einige Patenschaften abgeschlossen.“
Für die berufliche Bildung gibt es auch Metall- und Holzwerkstätten. Auch hier sind Spendengelder und Sachspenden willkommen: „Jegliches Werkzeug können wir gebrauchen, auch wenn es nur ein Hammer oder ein Schreinertisch ist.“Die nächsten Reisen von Sonja und Kawsu Drammeh nach Gambia stehen auch schon an: „Wir wollen uns immer auch vom aktuellen Stand überzeugen. Außerdem lieben wir das Leben und die Menschen dort.“
Spenden können Interessierte auf folgendes Konto bei der Kreissparkasse Biberach: IBAN: DE92 6545 0070 0008 2595 61 Wer sich für eine Patenschaft interessiert oder mehr über den Verein wissen möchte, kann sich online informieren unter www.stepgambia.com oder auf der Social-Media-Plattform Instagram.