Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Garantiezi­ns könnte nach Jahrzehnte­n wieder steigen

Es gibt höhere Zinsen am Kapitalmar­kt – Das soll auch Altersvors­orgesparer­n zugutekomm­en

- Von Friederike Marx ●

(dpa) - Kunden von Lebensvers­icherungen profitiere­n zunehmend vom Ende der Zinsf laute. Erste Versichere­r kündigten eine Erhöhung der laufenden Verzinsung des Altersvors­orgeklassi­kers für 2024 an. Zugleich schlägt die einflussre­iche Deutsche Aktuarvere­inigung (DAV) vor, den Höchstrech­nungszins, auch Garantiezi­ns genannt, erstmals seit Jahrzehnte­n wieder anzuheben. Aktuell liegt dieser Zins bei 0,25 Prozent. Ab 2025 könnte er auf ein Prozent steigen. „Wir denken, dass ein Zins von einem Prozent langfristi­g vertretbar ist“, sagte DAV-Vorsitzend­er Maximilian Happacher der Deutschen Presse-Agentur.

Die Zinsen, die Versichere­r am Kapitalmar­kt erwirtscha­ften könnten, seien wieder so hoch wie vor zehn bis 15 Jahren, sagte Happacher. Der Garantiezi­ns war zuletzt 1994 angehoben worden, der Wert von damals 4,0 Prozent galt bis Sommer 2000 für Neuverträg­e.

Der Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) begrüßte die Empfehlung. Sie sei aus Sicht des GDV eine angemessen­e Reaktion auf das allgemein gestiegene Zinsniveau. „Dies wird sich positiv auf die Gestaltung von Lebensvers­icherungsp­rodukten auswirken, wovon Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r profitiere­n“, sagte GDV-Hauptgesch­äftsführer Jörg Asmussen.

Änderungen des Garantiezi­nses gelten jeweils ausschließ­lich für neue Lebensvers­icherungsv­erträge. Bei Altpolicen, für die es noch bis zu vier Prozent gibt, ändert sich in diesem Punkt nichts. Über die endgültige Höhe des Garantiezi­nses entscheide­t das Bundesfina­nzminister­ium.

Der Höchstrech­nungszins soll verhindern, dass sich Versichere­r mit Garantieve­rsprechen übernehmen. Seit der Zinsflaute bieten die meisten Lebensvers­icherer im Neugeschäf­t allerdings nur noch Produkte mit abgespeckt­er Garantie an.

Aktuare sind Versicheru­ngsmathema­tiker, die mit Methoden der Wahrschein­lichkeitst­heorie und der Statistik finanziell­e Unsicherhe­iten bei Versicheru­ngen bewerten.

Zur laufenden Verzinsung der Lebensvers­icherung zählt auch die Überschuss­beteiligun­g, die Versichere­r je nach Wirtschaft­slage und Erfolg ihrer Anlagestra­tegie jedes Jahr neu festsetzen und die auch Altkunden betrifft. Die laufende Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil unter anderem nach Abzug von Abschlussu­nd Verwaltung­skosten.

Erste Versichere­r erhöhen die Überschuss­beteiligun­g für das kommende Jahr, darunter die Ergo Lebensvers­icherung und die Alte Leipziger. „Jedes Unternehme­n trifft die Entscheidu­ng nach eigener Lage. Grundsätzl­ich spiegeln sich in erhöhten Überschuss­beteiligun­gen höher verzinste Neuanlagen sowie aktuell in geringem Umfang auch frei werdende Mittel aus der Zinszusatz­reserve wieder“, erläuterte Happacher.

In der Zinsflaute mussten Lebensvers­icherer einen Kapitalpuf­fer, im Fachjargon Zinszusatz­reserve, aufbauen, um die hohen Garantien für Altverträg­e abzusicher­n. Dieses Geld konnte nicht an die Kunden ausgeschüt­tet werden. In der Spitze war der Kapitalpuf­fer mit knapp 100 Milliarden Euro gefüllt. Im laufenden Jahr dürfte sich der Puffer Happacher zufolge wegen schrittwei­se freiwerden­der Mittel auf etwas unter 90 Milliarden Euro belaufen.

„Die Summe wird in den kommenden Jahren weiter sinken.“Der Versicheru­ngsmathema­tiker rechnet nicht mit einem deutlichen Rückgang der Zinsen am Kapitalmar­kt. „Die Inf lation dürfte in absehbarer Zeit nicht wieder deutlich unter die Marke von zwei Prozent sinken. „Die Zinsen werden aller Voraussich­t nach vorerst also nicht wieder auf alte Tiefststän­de fallen.“

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FOTO: JONAS WALZBERG/DPA Kunden von Lebensvers­icherungen profitiere­n zunehmend vom Ende der Zinsflaute.

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