Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Solidarität und Hoffnung
Leser spenden über 765.000 Euro für „Helfen bringt Freude“– Weiter hohe Spendenbereitschaft für Hilfsprojekte
- Fünf ausgebrannte Wohncontainer, hoher Sachschaden, aber keine Verletzten: Durch ein Feuer im Flüchtlingscamp Mam Rashan in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak hat die Familie Naif ihr Dach über dem Kopf wie auch ihr gesamtes Hab und Gut verloren: „In den Containern befanden sich Möbel, unsere Kleidung, Kisten und andere Dinge. Alles ist in Flammen aufgegangen. Die Kinder waren, als das Feuer ausbrach, im Container, wurden aber von ihrer Mutter gerettet“, berichtet Familienvater Sabri Naif und ergänzt: „Das Feuer wurde durch einen Defekt in der Stromversorgung verursacht.“Umgerechnet 6500 Euro braucht die Familie, um sich neu einrichten zu können.
6500 Euro für Soforthilfe, die aus dem Ergebnis der Weihnachtsspendenaktion „Helfen bringt Freude“finanziert wurden: „Wir unterstützen seit dem Jahr 2016 die jesidischen Flüchtlinge im Camp Mam Rashan und konnten den Opfern der Brandkatastrophe jetzt unbürokratisch und sehr schnell helfen, weil unsere Leser großartige 765.379,29 Euro gespendet haben“, sagt Hendrik Groth, Editor-at-Large und bei Schwäbisch.Media für die humanitären Aktionen verantwortlich, „ein sehr beeindruckendes Ergebnis, für das ich mich ganz herzlich bei allen Spendern bedanke“. In Zeiten multipler Krisen und Kriegsangst sei es überwältigend, dass das Vorjahresergebnis sogar noch um 15.000 Euro übertroffen wurde.
Mit dem Ergebnis der Aktion werden in Kurdistan beispielsweise Kinder mit Behinderung unterstützt, die zwei „Häuser des Lächelns“gefördert . Die therapeutische Arbeit für schwerst traumatisierte Menschen wird fortgesetzt, auch der Erhalt der in den vergangenen Jahren geschaffenen Einrichtungen, vor allem der drei Sportplätze, ist gesichert.
Der Betrieb von vier Schulbussen ist finanziert. Im kommenden Herbst bekommen 3000 Schulkinder in den drei Camps Mam Rashan, Esjan und Sheikhan Winterkleidung.
Gemeinsam mit dem Caritasverband Rottenburg-Stuttgart hatte das Medienhaus in Ravensburg in der Weihnachtszeit bereits zum elften Mal zur Spende aufgerufen und das drittbeste Ergebnis seit Bestehen der Aktion erlösen können. Die Hälfte der Spendensumme geht an Projekte in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, die andere Hälfte fließt in 21 Caritas-Projekte und 86 weitere lokale Initiativen. Sie werden mit jeweils 3100 Euro unterstützt.
Groth überreichte den symbolischen Spendenscheck nun an Domkapitular Heinz Detlef Stäps, Leiter der Hauptabteilung Weltkirche der Diözese RottenburgStuttgart. Stäps lobte die bestehende Kooperation mit der Zeitung: „Es geht um viel mehr, als um Freude in eine schwierige Situation zu bringen. Es geht um das Leben, ja manchmal sogar um das blanke Überleben. Das ist es, was wir mit unseren Spenden sichern und unterstützen wollen und dazu ist jeder einzige Euro nach wie vor höchst notwendig.“
Oliver Merkelbach, Caritasdirektor der Diözese RottenburgStuttgart, sieht die hohe Spendenbereitschaft als Beleg, dass die Leser der „Schwäbischen Zeitung“sich ganz im Sinne der aktuellen Caritas-Kampagne „Frieden beginnt bei mir“für Hoffnung und Verständigung einsetzen. „Die Spender verbessern konkret die Lebensbedingungen der Menschen, sowohl im Nordirak wie in Deutschland. Sie ermöglichen Raum für Begegnungen und wirken so an einer gerechteren Welt mit. Von Herzen gilt ihnen mein Dank“, so Merkelbach.
Die Zusammenarbeit zwischen Diözesancaritasverband und Medienhaus begann 2013 und hat inzwischen über 6,2 Millionen Euro erbracht. Die „Schwäbische Zeitung“
will im Jahr 2024 erneut mit der Weihnachtsaktion „Helfen bringt Freude“zu Spenden aufrufen.
Dass die Spenden weiterhin notwendig sind, betonte bei der Spendenübergabe Ahmed Mousa, der Präsident der Barzani Charity Foundation, der Partnerorganisation von „Helfen bringt Freude“in der Autonomen Region Kurdistan. Mousa, in einer Videokonferenz zugeschaltet, sagte: „Kurdistan leidet unter dem „gefährlichen Schattenkonflikt zwischen den Vereinigten Staaten,
Israel und dem
Iran.“Vor zwei Wochen waren in der nordirakischen Metropole Erbil iranische Raketen eingeschlagen, die mindestens vier Menschen töteten. Das Ziel beschrieb Irans Revolutionsgarde als getarnte Spionagezentrale des israelischen Geheimdienstes Mossad.
Vor allem aber bedauerte Mousa, dass sich internationale Hilfsorganisationen aus der Arbeit und der Unterstützung für Gef lüchtete nach und nach zurückziehen: „Es gibt aber immer noch 35 Camps wie jenes in Mam Rashan, in denen 880.000 Menschen leben.“Neben der materiellen
Hilfe sei das Zeichen der „Helfen bringt Freude“-Spender wichtig: „Gelebte Solidarität, für die wir herzlich danken!“
Ebenfalls aus Kurdistan zugeschaltet: Pfarrer Samir Al-Khoury, der in dem Bergdorf Enishke an der irakisch-türkischen Grenze wirkt. Seine Gemeinde nimmt Flüchtlinge auf: „Ohne Ansehen der Religion oder der Herkunft haben wir Jesiden, Syrer oder Araber bei uns untergebracht.“Auch hier hat „Helfen bringt Freude“Soforthilfe geleistet und die Finanzierung von Brennstoff für die Heizungen wie auch für Lebensmittelpakete gesichert. Der chaldäisch-katholische Geistliche berichtet, dass erstmals in Enishke ein Haus durch türkische Angriffe getroffen worden sei: „Das türkische Militär bombardiert ja regelmäßig Stellungen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak“so Samir. Die Luftwaffe greife unter anderem Ziele an und zerstöre dabei Verstecke und Lager. Die PKK, die in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste steht, hat ihr Hauptquartier in den nahe gelegenen Kandil-Bergen. Ankara begründete die Angriffe mit dem Recht auf Selbstverteidigung. Dass nun auch ein christliches Bergdorf attackiert werde, beweise eine neue, brutale Qualität, so Samir: „Ich bitte euch, uns auch weiter zu unterstützen!“
Szenenwechsel: Die Spendenübergabe ist auch immer Gelegenheit, auf einzelne lokale Initiativen zu schauen. So war in diesem Jahr Walburg Rupf lin Alvarado aus Guatemala zugeschaltet: Sie arbeitet am Colegio Maya, das vom Verein „Itzamna“aus Bad Waldsee unterstützt wird: „Durch die Spende von ,Helfen bringt Freude’ können mehr und mehr die Lehrer angemessen für ihre Arbeit bezahlt werden. Denn ein Lehrerdasein in Guatemala bedeutet nicht wie bei uns, Beamtenstatus und viele Ferien, sondern immer noch neben der Familie auch Nebenverdienste wie weben oder Kleingewerbe ausüben zu müssen, um leben zu können und die Familie zu ernähren.“
Schließlich ein Blick auf die unterstützten 21 lokalen Caritas-Initiativen im Raum Oberschwaben, Schwäbische Alb und Ulm. Sie tragen dazu bei, dass sich Menschen mit Migrationshintergrund oder nach der Flucht ein eigenständiges Leben aufbauen können. So beispielsweise das Projekt „Schritt für Schritt“, das Kinder im Alter bis zu drei Jahren beim Erlernen der deutschen Sprache unterstützt. Lucia Braß von der Caritas in Biberach sagt: „In den wöchentlichen Treffen fördern Sozialpädagogen gemeinsam mit den Eltern neben dem deutschen Sprachvermögen auch die Mehrsprachigkeit der Kinder. Zudem ermöglichen die Treffen den Eltern, das deutsche Bildungssystem kennenzulernen.“Ein weiteres Projekt, „Ferienfun mit ÖMA“der Caritas Biberach-Saulgau, bietet Kindern mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung die Gelegenheit, in den Ferien spielerisch Wissen zu sammeln, etwa zum Thema ‚Wasser‘. Braß resümiert: „Solche Initiativen sind entscheidend für die Integration.“
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