Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Erleichterung um 5.05 Uhr
Südwest-Tarifabschluss der Metaller taugt zum Vorbild für die Branche und darüber hinaus
(dpa) - Genau um 5.05 Uhr am Dienstagmorgen war es offiziell: Im Presseraum des Böblinger Kongresszentrums verkündeten die Metall-Tarifparteien ihren Pilotabschluss. Südwestmetall-Chef Stefan Wolf war nach der Marathonsitzung die Erleichterung anzumerken. Mit einem Lächeln trat der Chef des schwäbischen Automobilzulieferers Elring Klinger vor die Journalisten. Sein Gegenspieler, IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger, hielt seine Emotionen nach der durchwachten Nacht im Zaum. Für beide Verhandlungsführer war es der erste richtungsweisende Tarifabschluss. Er beschert den 3,7 Millionen Beschäftigten der Branche ein Lohnplus von 3,4 Prozent.
Nach Bayern in der vorigen Tarifrunde war diesmal erneut der traditionelle Pilotbezirk Baden-Württemberg dazu auserkoren, den gordischen Knoten zu lösen. Schon in der Vergangenheit hatten die Tarifvertragsparteien im Südwesten ein Händchen für qualitative Themen bewiesen.
Von diesen hatte die IG Metall gleich zwei auf die Agenda gesetzt: Sie verlangte neben 5,5 Prozent mehr Geld eine verbesserte Altersteilzeitregelung und eine von den Arbeitgebern bezuschusste Weiterbildungsteilzeit. An diesen Themen hatten sich die Tarifparteien über Stunden festgebissen. Nach dem Start der Gespräche am frühen Nachmittag war das Thema Entgelt bis zu den Abendstunden noch nicht einmal aufgerufen worden.
Die Gewerkschaft wollte die Bereiche ausdehnen, in denen die Arbeitnehmer Rechte geltend machen können. Bei der Altersteilzeit gelang es ihr allerdings nur, die von den Arbeitgebern angestrebte Halbierung der Altersteilzeitquote von vier Prozent der Belegschaft abzuwehren.
Kompromisse auf beiden Seiten
Mehr Erfolg hatte sie dagegen mit ihrer Forderung, den vorzeitigen Ausstieg für untere Entgeltgruppen finanziell attraktiver zu machen. Auch bei der Weiterbildung hätte die Gewerkschaft gerne erreicht, dass die Betriebe mit nicht ausgeschöpften Mitteln aus dem Topf zur Finanzierung der Altersteilzeit Weiterbildungswillige unterstützen müssen. Gegen eine solche „Zwangsabgabe“liefen die Arbeitgeber Sturm. Der Abschluss sieht jetzt nur freiwillige Betriebsvereinbarungen für eine Förderung der Qualifizierung vor. Diese soll sich an dem betrieblichen Bedarf der Unternehmen orientieren.
Das Entgelt war in dieser Tarifrunde das geringste Problem. Zwar betonten Dulger und Wolf, wie schwer die 3,4 Prozent für die Unternehmen, insbesondere die kleinen und mittle- ren, zu verdauen seien. Die Wettbewerbsfähigkeit sei enorm belastet, meinten die Arbeitgeber, die ursprünglich 2,2 Prozent mehr Geld geboten hatten.
Die gute wirtschaftliche Lage spielte der Gewerkschaft in die Hände. Die Auftragsbücher sind voll, die Konjunkturerwartungen gut. Und die Warnstreiks von mehr als 850 000 Metallern seit Ende Januar haben den Unternehmen bereits einen Vorgeschmack auf das gegeben, was im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen und eines Arbeitskampfes auf sie zugekommen wäre.