Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Deutschland wegen Welfenschatz vor US-Gericht verklagt
(dpa) - Der Streit um den Welfenschatz spitzt sich zu: Die Erben jüdischer Kunsthändler haben Deutschland vor einem US-Gericht verklagt. Sie werfen der Bundesrepublik vor, bei dem millionenschweren Kirchenschatz handele es sich um NS-Raubkunst.
Der Bostoner Anwalt Nicholas M. O’Donnell sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, er habe die Klage beim Bundesgericht in Washington eingereicht. Mitbeklagt sei die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in deren Obhut sich die Goldreliquien befinden. Die Kläger schätzen den Wert auf mindestens 220 Millionen Euro.
„Die Weigerung der deutschen Regierung, die Verluste der Opfer anzuerkennen, die zwar ihr Leben, aber nicht ihren Lebensunterhalt und Besitz retten konnten, steht in krassem Gegensatz zu Deutschlands historischer Verpflichtung“, so der Anwalt.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) reagierte gelassen. „Uns sind keine neuen Fakten zu dem Fall bekannt“, sagte sie auf Anfrage. Für die Bundesregierung gelte weiter die Empfehlung der sogenannten Limbach-Kommission, die beim Welfenschatz keine Anhaltspunkte für NS-Raubkunst gesehen habe. Das Schiedsgremium unter Leitung der früheren Bundesverfassungsgerichtspräsidentin Jutta Limbach, dessen Einberufung auch die Erben damals zugestimmt hatten, sprach den Schatz deshalb – in einer nicht bindenden Entscheidung – der Preußenstiftung zu. Stiftungspräsident Hermann Parzinger äußerte sich am Dienstag „verwundert“über die US-Klage.
Die beiden Kläger – Alan Philipp (London) und Gerald Stiebel (USA) – bezeichnen in ihrem Schriftsatz das Verfahren vor der Limbach-Kommission als „Scheinprozess“. Sie hätten sich gezwungen gesehen, bei einem US-Gericht zu klagen, weil das deutsche Zivilrecht nach wie vor keine ausreichende Handhabe zur Wiedergutmachung von NS-Unrecht biete.