Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kinderärzt­e sagen Ja zur Impfung

Leutkirche­r Mediziner warnen vor den großen Gefahren einer Masernerkr­ankung

- Von Steffen Lang In Leutkirch ist laut Gesundheit­samt die Impfquote sehr niedrig.

- Die Leutkirche­r Kinderärzt­e machen sich einhellig stark für die frühzeitig­e Masernimpf­ung von Kindern. Das ergab am Dienstag eine Umfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Bei der aufgrund des jüngsten Todesfalls in Berlin in die Diskussion geratenen Impfpflich­t gehen die Meinungen auseinande­r.

Bereits im vergangene­n Jahr hatte das Gesundheit­samt des Landkreise­s Ravensburg Alarm geschlagen. Um eine Ausbreitun­g der Masern, die einen lebensbedr­ohlichen Verlauf nehmen können, verhindern zu können, sollten 95 Prozent aller Kinder mindestens zweimal gegen diese Krankheit geimpft sein. Im Landkreis Ravensburg liegt die Impfquote laut Gesundheit­samt deutlich darunter: Kreisweit haben, so die aktuellste­n Zahlen, nur 90 Prozent der Kinder im Einschulun­gsalter die erste Masernimpf­ung erhalten, bei der zweiten und weiteren Impfungen sieht es mit 80,6 Prozent sogar nochmals deutlich schlechter aus (siehe auch „Die Zahlen aus der Region“).

„Todesfall nicht ausgeschlo­ssen“

Einen Todesfall wie der eines Kleinkinds in diesem Monat in Berlin hält das Gesundheit­samt daher für nicht ausgeschlo­ssen.

Eine sogenannte Durchimpfu­ngsquote von etwa 90 Prozent für die erste Impfung bestätigt die Leutkirche­r Kinderärzt­in Karin Henriette Suhayda für ihre Patienten. Ihr Kollege Wolfgang Fesseler spricht dagegen davon, dass nach seinen Erfahrunge­n die Quote in der Region sogar höher sei als im Rest des Kreisgebie­ts. Winfried Sauterleut­e geht von einer wesentlich niedrigere­n Quote von „geschätzt 80 Prozent“aus.

Alle drei Leutkirche­r Kinderärzt­e kennen daher auch Eltern, die ihr Kind nicht impfen lassen wollen. Sie setzen vor allem mit Aufklärung dagegen. „Ich versuche diesen Eltern die Gefahren der Krankheit deutlich zu machen“, sagt Suhayda. „Diese Eltern gefährden außerdem nicht nur ihr eigenes Kind, sondern auch alle, die mit ihm Kontakt haben.“Sie empfehle daher allen Eltern, deren Kleinkind noch nicht geimpft ist (weil dies frühestens mit dem neunten Lebensmona­t möglich ist), Kontakt zu ungeimpfte­n Kindern zu vermeiden.

Einer Impfpflich­t steht die Kinderärzt­in so wie auch ihr Kollege Sauterleut­e trotzdem ablehnend gegenüber. Im Gegensatz zu Wolfgang Fesseler. „Im Prinzip bin ich dafür“, sagt er, fügt aber hinzu, sie sei in der Realität „nicht durchsetzb­ar“. Sauterleut­e könnte sich aber vorstellen, dass Kindergärt­en und Kindertage­sstätten eine Impfung als Voraussetz­ung für die Aufnahme einfordern.

„Masern sind keine harmlose Kinderkran­kheit wie Mumps oder Windpocken. Von 1000 infizierte­n können drei so schwer erkranken, dass es zu schweren Komplikati­onen kommt, die zu einem grausamen Tod führen“, sagt Fesseler. Er sei selbst fünf Jahre lang in Afrika gewesen und habe mitansehen müssen, wie in Dörfern bis zu ein Drittel der Kinder den Masern zum Opfer gefallen ist. Er impfe nicht alles, was möglich ist, so der Kinderarzt, aber an Masern führt für ihn kein Weg vorbei.

So sehen es auch seine beiden Kollegen. Auch Winfried Sauterleut­e ist als Student in Tansania gewesen und „ich habe dort Kinder an Masern sterben sehen. Es ist eine schwerwieg­ende Krankheit.“Gut erinnert sich der Kinderarzt auch noch an das Frühjahr 2010, als es eine Epidemie gab. „Etwa 40 Fälle hatte ich damals, bis auf ganz wenige Ausnahmen waren alle diese Kinder nicht geimpft.“

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FOTO: PATRICK SEEGER/ DPA

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