Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Versuchter Mord, Brandstiftung und eine Geiselnahme
Bilanz der Staatsanwaltschaft Ravensburg
- Weniger Kapitalverbrechen, dafür deutlich mehr Eigentums- und Betrugsdelikte: Trotz eines Rückgangs an öffentlichkeitswirksamen Schwerverbrechen hatte die Staatsanwaltschaft Ravensburg im vergangenen Jahr mehr Fälle als im Vorjahr. Bei jedem der 22 Staatsanwälte kamen am Tag zehn neue Akten auf den Tisch – und wurden auch bearbeitet.
Insgesamt nahm die Zahl der Verfahren um ein Prozent zu, erläuterte der stellvertretende Behördenleiter, Oberstaatsanwalt Jens Rommel: In 21 500 Fällen ermittelte die Justizbehörde gegen bekannte Verdächtige, dazu kamen noch einmal 15 000 Strafverfahren gegen Unbekannt. „Ermittlungsverfahren“bedeutet nicht gleich, dass der Verdächtige auch vor Gericht landet. Manche sind unschuldig, bei manchen lässt sich nichts beweisen, andere Verfahren, vor allem Verkehrsdelikte, werden gegen Bußgeldzahlungen eingestellt. Trotzdem verbringen die Beamten durchschnittlich ein bis zwei Tage pro Woche in Prozessen: Außer dem Landgericht Ravensburg gibt es im Bezirk acht Amtsgerichte.
Versuchte Morde gab es im vergangenen Jahr einige, doch alle Opfer überlebten, manche allerdings nur knapp: Die Zahl der Kapitalverbrechen (Mord, Totschlag oder der Versuch dazu) sank von 23 auf 16 Verfahren, vorsätzliche Körperverletzungen stagnierten nahezu bei 2313 Verfahren (2333 im Vorjahr). Dass die Zahl der Drogendelikte von 196 auf 178 zurückging, führt die Staatsan- waltschaft auf die Polizeistrukturreform zurück. Drogenkriminalität sei „ermittlungsintensiv“, da weder Dealer noch Käufer ein Interesse an der Aufklärung hätten, erklärte Rommel. Durch die enormen Umstrukturierungen bei der Polizei mit geänderten Zuständigkeiten sei die Ermittlungsarbeit daher möglicherweise etwas auf der Strecke geblieben.
Gestiegen sind allerdings die Fälle von Diebstahl, Einbruch und Unterschlagung (von 2708 auf 2885) sowie Betrug und Untreue, vor allem im Internet (von 3475 auf 3605). Zunehmend schwieriger gestalten sich Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs und Wirtschaftskriminalität, die manchmal länger als ein Jahr dauern (die durchschnittliche Verfahrensdauer liegt bei 50 Tagen). Grund: Die Auswertungen von elektronischen Datenträgern (Smartphones, Laptops, Festplatten) dauern lange und sind personalintensiv, zudem pochen die Rechtsanwälte der Verdächtigen auf Rückgabe der Geräte, die ja zum Teil auch für deren Arbeit benötigt würden. Rommel: „Wir leiden unter den hohen Datenmengen, aber noch ist kein Verfahren geplatzt.“ Der örtliche Zuständigkeitsbereich umfasst die Kreise Ravensburg und Biberach sowie den württembergischen Teil des Bodenseekreises und den Teil des Landkreises Sigmaringen, der früher der Altkreis Saulgau war.