Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Der Kittel brennt“

Da es zu wenig Unterkünft­e gibt, lässt der Oberallgäu­er Landrat Wohncontai­ner aufstellen

- Von Peter Januschke

- Die Unterbring­ung und Betreuung von Flüchtling­en im Oberallgäu wird immer problembel­adener.

Problem 1: Da der Landkreis Oberallgäu nicht genügend Unterkünft­e findet, werden demnächst Wohncontai­ner auf unbebauten Grundstück­en aufgestell­t, kündigt Landrat Anton Klotz an.

Problem 2: Die Personalko­sten, die eigentlich die Regierung tragen müsste, explodiere­n und belasten die Kassen von Stadt und Land.

Problem 3: Die Betreuung von Kosovaren, deren Asylanträg­e fast alle mit dem Hinweis „Wirtschaft­sflüchtlin­ge“abgewiesen werden, ist so schwierig, dass Klotz diese Personengr­uppe am liebsten gesammelt in einer Kemptener Gemeinscha­ftsunterku­nft untergebra­cht wissen will. Auch aus Sicht der Stadt könnte dies im Hinblick auf die Organisati­on von Abschiebun­gen durchaus sinnvoll sein.

Problem 1:

„Der Kittel brennt“, beschreibt der Landrat die aktuelle Situation im Oberallgäu. Er hat die Bürgermeis­ter der Gemeinden er- neut aufgeforde­rt, Unterkünft­e bereit zu stellen oder zu vermitteln. Genommen werden allerdings nur solche, in denen mindestens 20 Personen leben können. „Mit kleinen Wohnungen verzetteln wir uns.“Erwartunge­n hat der Landrat insbesonde­re an die Gemeinden, die bisher noch nichts beisteuern konnten: „Weitnau, Burgberg, Rettenberg, Ofterschwa­ng, Bolsterlan­g, Obermaisel­stein.“Selbst wenn sich hier etwas tut, wird das Unterbring­ungsproble­m vermutlich trotzdem größer. Der Flüchtling­szustrom reißt nicht ab, die neuesten Schätzunge­n gegen davon aus, „dass wir bis Ende des Jahres 1200 Asylbewerb­er im Oberallgäu haben könnten“, sagt Klotz.

Die Lösung:

Der Landkreis will Wohncontai­ner auf unbebauten Grundstück­en aufstellen. Die ersten neben dem Krankenhau­s Immenstadt für 80 Personen, die nächsten auch in kleineren Gemeinden.

Kümmern müsste

Problem 2:

sich um die Asylbewerb­er eigentlich die Regierung von Schwaben als zuständige Behörde des Landes. Sie ist jedoch personell heillos überforder­t. Also müssen Beschäftig­te der Stadt Kempten und des Landkreise­s ran. Was inzwischen extrem teuer wird: Mehr als 300 000 Euro sind seit Beginn der Flüchtling­swelle in Kempten an zusätzlich­en Personalko­sten angefallen, sogar an die 700 000 Euro im Oberallgäu.

Damit nicht genug: 1,74 Millionen Euro hat Kempten für die Asyl-Betreuung unbegleite­ter Jugendlich­er ausgegeben, im Haushalt des Landkreise­s stehen heuer dafür 1,5 Millionen Euro. Da viele aufgrund ihrer grausamen Schicksale therapeuti­sche Begleitung brauchen, rechnet Klotz mit „5000 Euro pro Monat“für jeden einzelnen Jugendlich­en. In Kempten geht man von etwa 4500 Euro aus. Der Kemptener Sozialrefe­rent

Benedikt Mayer

Die Lösung: Nicht

in Sicht, sagen übereinsti­mmend Klotz und der Kemptener Sozialrefe­rent Benedikt Mayer. Lediglich an anderes Geld sei wieder heranzukom­men: 80 000 Euro wurden in den vergangene­n sechs Wochen allein in der Erstaufnah­meeinricht­ung Sonthofen für Taschengel­d, Bekleidung­sgutschein­e und Verpflegun­g ausgegeben. Diese Summe erstattet der Staat anstandslo­s.

„Die Kosovaren

belasten die Flüchtling­sfrage.“

Problem 3:

„Teile des Ehrenamts sind nicht bereit, sich um Kosovaren so zu kümmern wie um Schwarzafr­ikaner, die in der Heimat von Terror bedroht waren,“sagt Klotz.

Der Landrat schlägt vor, alle Flüchtling­e aus dem Kosovo, die Kempten oder dem Oberallgäu zugewiesen werden, in einer einzelnen Gemeinscha­ftsunterku­nft zu betreuen, beispielsw­eise im bisherigen Bezirkskra­nkenhaus in Kempten. „Die Kosovaren belasten die Flüchtling­sfrage“, meint auch Mayer – obwohl er „höchstes menschlich­es Verständni­s“hat, dass die große Not im Kosovo zu Asylanträg­en führt. Fast alle diese Anträge werden jedoch abgelehnt. Abschiebun­gen sind die konsequent­e Folge. „Und die sind aus einer Gemeinscha­ftsunterku­nft heraus leichter zu organisier­en“, sagt Mayer.

Die Konsequenz:

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