Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Der Kittel brennt“
Da es zu wenig Unterkünfte gibt, lässt der Oberallgäuer Landrat Wohncontainer aufstellen
- Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen im Oberallgäu wird immer problembeladener.
Problem 1: Da der Landkreis Oberallgäu nicht genügend Unterkünfte findet, werden demnächst Wohncontainer auf unbebauten Grundstücken aufgestellt, kündigt Landrat Anton Klotz an.
Problem 2: Die Personalkosten, die eigentlich die Regierung tragen müsste, explodieren und belasten die Kassen von Stadt und Land.
Problem 3: Die Betreuung von Kosovaren, deren Asylanträge fast alle mit dem Hinweis „Wirtschaftsflüchtlinge“abgewiesen werden, ist so schwierig, dass Klotz diese Personengruppe am liebsten gesammelt in einer Kemptener Gemeinschaftsunterkunft untergebracht wissen will. Auch aus Sicht der Stadt könnte dies im Hinblick auf die Organisation von Abschiebungen durchaus sinnvoll sein.
Problem 1:
„Der Kittel brennt“, beschreibt der Landrat die aktuelle Situation im Oberallgäu. Er hat die Bürgermeister der Gemeinden er- neut aufgefordert, Unterkünfte bereit zu stellen oder zu vermitteln. Genommen werden allerdings nur solche, in denen mindestens 20 Personen leben können. „Mit kleinen Wohnungen verzetteln wir uns.“Erwartungen hat der Landrat insbesondere an die Gemeinden, die bisher noch nichts beisteuern konnten: „Weitnau, Burgberg, Rettenberg, Ofterschwang, Bolsterlang, Obermaiselstein.“Selbst wenn sich hier etwas tut, wird das Unterbringungsproblem vermutlich trotzdem größer. Der Flüchtlingszustrom reißt nicht ab, die neuesten Schätzungen gegen davon aus, „dass wir bis Ende des Jahres 1200 Asylbewerber im Oberallgäu haben könnten“, sagt Klotz.
Die Lösung:
Der Landkreis will Wohncontainer auf unbebauten Grundstücken aufstellen. Die ersten neben dem Krankenhaus Immenstadt für 80 Personen, die nächsten auch in kleineren Gemeinden.
Kümmern müsste
Problem 2:
sich um die Asylbewerber eigentlich die Regierung von Schwaben als zuständige Behörde des Landes. Sie ist jedoch personell heillos überfordert. Also müssen Beschäftigte der Stadt Kempten und des Landkreises ran. Was inzwischen extrem teuer wird: Mehr als 300 000 Euro sind seit Beginn der Flüchtlingswelle in Kempten an zusätzlichen Personalkosten angefallen, sogar an die 700 000 Euro im Oberallgäu.
Damit nicht genug: 1,74 Millionen Euro hat Kempten für die Asyl-Betreuung unbegleiteter Jugendlicher ausgegeben, im Haushalt des Landkreises stehen heuer dafür 1,5 Millionen Euro. Da viele aufgrund ihrer grausamen Schicksale therapeutische Begleitung brauchen, rechnet Klotz mit „5000 Euro pro Monat“für jeden einzelnen Jugendlichen. In Kempten geht man von etwa 4500 Euro aus. Der Kemptener Sozialreferent
Benedikt Mayer
Die Lösung: Nicht
in Sicht, sagen übereinstimmend Klotz und der Kemptener Sozialreferent Benedikt Mayer. Lediglich an anderes Geld sei wieder heranzukommen: 80 000 Euro wurden in den vergangenen sechs Wochen allein in der Erstaufnahmeeinrichtung Sonthofen für Taschengeld, Bekleidungsgutscheine und Verpflegung ausgegeben. Diese Summe erstattet der Staat anstandslos.
„Die Kosovaren
belasten die Flüchtlingsfrage.“
Problem 3:
„Teile des Ehrenamts sind nicht bereit, sich um Kosovaren so zu kümmern wie um Schwarzafrikaner, die in der Heimat von Terror bedroht waren,“sagt Klotz.
Der Landrat schlägt vor, alle Flüchtlinge aus dem Kosovo, die Kempten oder dem Oberallgäu zugewiesen werden, in einer einzelnen Gemeinschaftsunterkunft zu betreuen, beispielsweise im bisherigen Bezirkskrankenhaus in Kempten. „Die Kosovaren belasten die Flüchtlingsfrage“, meint auch Mayer – obwohl er „höchstes menschliches Verständnis“hat, dass die große Not im Kosovo zu Asylanträgen führt. Fast alle diese Anträge werden jedoch abgelehnt. Abschiebungen sind die konsequente Folge. „Und die sind aus einer Gemeinschaftsunterkunft heraus leichter zu organisieren“, sagt Mayer.
Die Konsequenz: