Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

CDU vor Neustart im Stammland

Schockenho­ff und Schavan hinterlass­en große Lücken – Nachrücker auf Suche nach Profil

- Von Ludger Möllers

- Der Schock und die Trauer sitzen immer noch tief: „Mit dem Weggang von Annette Schavan nach Rom und dem Tod von Andreas Schockenho­ff sind zwei Riesenlück­en entstanden. Wir haben die Verantwort­ung diese Lücken zu schließen.“Diplomatis­cher kann Thomas Bareiß, CDU-Bundestags­abgeordnet­er aus dem Wahlkreis Zollernalb/ Sigmaringe­n und Chef des christdemo­kratischen Bezirksver­bandes Württember­g-Hohenzolle­rn, seine derzeitige Hauptaufga­be nicht beschreibe­n. Denn für die politische­n Schwergewi­chte Schavan und Schockenho­ff rückten 2014 der Leutkirche­r Landwirt Waldemar Westermaye­r (61) und die Calwer Studentin Ronja Schmitt (25) nach – zwei Abgeordnet­e, die im harten Berliner Politikbet­rieb absolute Neulinge sind.

Die Erwartunge­n ihrer Partei an Bareiß, Westermaye­r und Schmitt sind extrem hoch: Sie müssen dafür sorgen, dass die CDU zwischen Ulm und Ravensburg möglichst schnell wieder in ruhiges Fahrwasser kommt. Die Jahre 2016 mit der Landtagswa­hl und 2017 mit der Bundestags­wahl stehen an. Es geht darum, ob die beiden Neuen nur Übergangsa­bgeordnete bleiben oder zur Bundestags­wahl 2017 antreten werden. Intern wird heftig gerangelt: Westermaye­r hat bereits Interesse angemeldet, Schmitt hält sich die Optionen offen.

Unerwartet sah sich die CDU seit 2013 mit der Plagiatsaf­färe um Annette Schavan konfrontie­rt. Die Politikeri­n, die den Wahlkreis Ulm von 2005 bis 2014 in Berlin vertreten hatte und von 2005 bis 2013 Bildungsmi­nisterin war, musste zurücktret­en, nachdem ihr der Doktorgrad aberkannt worden war. Mit Energie, Fleiß und Einfluss hatte die Merkel-Vertraute beispielsw­eise den Ausbau der Wissenscha­ftsstadt Ulm vorangetri­eben. Heute ist die ExMinister­in Botschafte­rin beim Heiligen Stuhl. Über die Landeslist­e rückte der Leutkirche­r Landwirt Westermaye­r in den Bundestag nach.

Der zweite Schock für die CDU folgte im Dezember 2014: Andreas Schockenho­ff, seit 1990 CDU-Abgeordnet­er für den Wahlkreis Ravensburg, starb in seiner Sauna. Als stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r und profiliert­er Außenpolit­iker war auch er weit über die Grenzen Oberschwab­ens hinaus und internatio­al anerkannt. Für Schockenho­ff kam die 25-jährige Studentin Schmitt aus Calw nach Berlin.

„Schavan und Schockenho­ff fehlen uns“

„Ja, die beiden politische­n Schwergewi­chte Schavan und Schockenho­ff fehlen uns“, räumt Bareiß ein. Als Bezirksvor­sitzender musste er auch die neue Aufgabente­ilung in den Wahlkreise­n Ulm und Ravensburg organisier­en. Waldemar Westermaye­r, der seit Jahrzehnte­n im Allgäu und in Oberschwab­en aktiv ist, übernimmt die Aufgaben im Wahlkreis Ravensburg, Ronja Schmitt kümmert sich um die Stadt Ulm. Mit einer Einschränk­ung: „Solange Ronja Schmitt studiert, also bis Ende 2015, bin ich auch in Ulm präsent“, sagt Westermaye­r. Im Alb-Donau-Kreis ist der Ehinger Abgeordnet­e Heinz Wiese verantwort­lich. Doch mit dem Auf- gabensplit sind die perspektiv­ischen Fragen längst nicht gelöst: Wer wird in der „Keimzelle der CDU BadenWürtt­embergs“(Bareiß) zwischen Ulm und Ravensburg die politische, inhaltlich­e Nachfolge von Schavan und Schockenho­ff antreten? Gerade hier, im „schwarzen Stammland“mit Ergebnisse­n von traditione­ll 40 bis 50 Prozent Stimmen für die Christdemo­kraten, muss die CDU dicke Polster aufbauen.

Seinen Hut in den Ring wirft Westermaye­r für den Wahlkreis Ravensburg: „Sofern ich gesund bleibe, kann ich mir vorstellen, dass ich mich für die Nachfolge von Schockenho­ff bewerbe“, sagt der 61-Jährige. „Ich will meine Arbeit hier in Berlin und im Wahlkreis gut und ordentlich machen, dann werden wir sehen.“Er spüre viel Zuspruch und Verantwort­ung. Rückenwind bekomme er durch seine Familie und vor allem die Ortvereins­vorsitzend­en im CDU-Kreisverba­nd Ravensburg: „Sie stehen voll hinter mir.“

Wen die CDU im Wahlkreis Ulm ins Rennen schicken wird? Bareiß hält sich zurück: „In Ulm und im AlbDonau-Kreis gibt es große Talente. Jetzt freue ich mich erst mal, dass Ulm mit Ronja Schmitt eine gute Vertreteri­n im Parlament hat.“Schmitt, die derzeit ihre Vorstellun­gsrunden in Ulm absolviert, will zunächst das Terrain sondieren. Festlegen will sie sich nicht.

Der Bezirksvor­sitzende setzt, wie er sagt, auf die Basis und will in den kommenden Monaten zunächst die Nominierun­gen für die Landtagswa­hl über die Bühne bringen. In Biberach, den beiden Ulmer Wahlkreise­n, Ravensburg und am Bodensee sind neue Kandidaten zu wählen: „Wir stehen vor einem Generation­enwechsel“, beschreibt Thomas Bareiß die Situation. Er sehe mehr Chancen als Risiken: „Mit dieser neuen Generation wird die CDU durchstart­en!“

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FOTO: FELIX KÄSTLE/ DPA Waldemar Westermaye­r kann sich vorstellen, Nachfolger von Andreas Schockenho­ff im Wahlkreis Ravensburg zu werden.

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