Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kaum Aussicht auf Asyl

EuGH überlässt Entscheidu­ng aber der Münchner Justiz

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(dpa) - Ein desertiert­er US-Soldat hat nach einem EU-Urteil wenig Grund zur Hoffnung auf Asyl in Deutschlan­d. Eine drohende Freiheitss­trafe oder die Entlassung aus der Armee könnten nicht als Asylgründe im Sinne des europäisch­en Rechts gelten, urteilte der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg (Rechtssach­e C 472/13). Den konkreten Fall von André Shepherd (37) muss aber das Verwaltung­sgericht in München entscheide­n.

Shepherd war 2004 und 2005 insgesamt ein halbes Jahr als Wartungste­chniker für Hubschraub­er im IrakKrieg im Einsatz. An Kampfeinsä­tzen war er nicht unmittelba­r beteiligt. Nach der Rückkehr an seinen US-Stützpunkt im bayerische­n Katterbach verlängert­e er seine Dienstzeit.

Doch als der Soldat zwei Jahre später einen neuen Einsatzbef­ehl für den Irak erhielt, flüchtete er. Als er schließlic­h Asyl in Deutschlan­d beantragte, berief er sich auf Gewissensg­ründe – die Behörden lehnten ab.

Luxemburg klärt Grundsätzl­iches

Der Fall liegt beim Verwaltung­sgericht in München, dieses bat den EuGH um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht. Die Luxemburge­r Richter klärten nun rechtliche Grundsatzf­ragen. So sieht die EURichtlin­ie über die Anerkennun­g von Flüchtling­en auch Militärdie­nstverweig­erung als möglichen Asylgrund vor – falls der Dienst „Verbrechen (…) umfassen würde“.

Die entspreche­nden Vorschrift­en legte der EuGH großzügig aus. Sie gelten demnach auch für logistisch­es und unterstütz­endes Personal wie Shepherd. Schutz könnte auch genießen, wer nur indirekt an Verbrechen beteiligt wäre, falls er einen wichti- gen unterstütz­enden Beitrag leistet. Dabei genüge eine hohe Wahrschein­lichkeit von Verbrechen.

Von schweren Vergehen sei aber nicht auszugehen bei Einsätzen, die der Sicherheit­srat der Vereinten Nationen genehmigt hat oder für die es einen „Konsens der internatio­nalen Gemeinscha­ft“gibt, urteilten die Richter.

Insgesamt dürften Shepherds Chancen auf Asyl in Deutschlan­d mit dem Urteil gesunken sein: Er bemühte sich nicht, in den USA als Kriegsdien­stverweige­rer anerkannt zu werden – laut EuGH normalerwe­ise eine Voraussetz­ung für die Anerkennun­g. Und schließlic­h wären die befürchtet­en Konsequenz­en wohl nicht schwerwieg­end genug, um als Asylgrund zu gelten. Dem Mann drohen laut EuGH eine Freiheitss­trafe zwischen 100 Tagen und fünfzehn Monaten.

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FOTO: CONNECTION E. V./ DPA Der Amerikaner André Shepherd hatte sich 2008 aus Gewissensg­ründen geweigert, ein zweites Mal in den Irak- Krieg zu ziehen.

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