Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kraut und Rüben

- S. lennartz@ schwaebisc­he. de

Solch einen Auftritt gab es im deutschen Bundestag selten: Wenn Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble die Griechenla­nd-Hilfe einbringt, redet er über die Finanzieru­ng der griechisch­en Staatsschu­lden. Wenn Andrea Nahles den Mindestloh­n einbringt, spricht sie über faire Löhne. Doch wenn Alexander Dobrindt seinen Maut-Entwurf einbringt, redet er nicht über die Abgabe, sondern über die Grünen. Zweidritte­l seiner Redezeit nahmen Beschimpfu­ngen der Grünen ein. Vielleicht will er auch einfach nicht mehr über die Maut sprechen. Eineinhalb Jahre bastelt er schon, und der Gesetzentw­urf ist und bleibt ein Aberwitz.

3,7 Milliarden Euro werden eingenomme­n, drei Milliarden bekommen deutsche Autofahrer zurück, bleiben 700 Millionen von den ausländisc­hen Fahrern minus 200 Millionen Verwaltung­saufwand – und wenn die EU-Kommission das ganze als Benachteil­igung für ausländisc­he Autofahrer sieht, was niemand verwundern sollte, dann kippt sie die Entlastung bei der Kfz-Steuer – und die Deutschen dürfen beides zahlen, Maut und Steuern.

Zudem stellt sich die Frage: Wenn man eine Nutzerfina­nzierung will, warum fällt dann nicht die Kfz-Steuer weg? Das würde mehr Sinn machen, als das Kraut und Rüben von Steuern und Abgaben. Die SPD rennt, auch das zeigte die Debatte, sehenden Auges in die Maut-Katastroph­e, statt sie zu stoppen. Aber vielleicht will sie ja später gleichzeit­ig ein bisschen Opposition spielen. Die Union macht das beim Mindestloh­n ja auch.

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