Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Moralische­s Armutszeug­nis

- Hans Rauch, Robert Kreklau, Stefan Roth,

Zum Artikel „ 60 Prozent bezweifeln Demokratie in Deutschlan­d“( 24.2.): Das Ergebnis des Meinungsfo­rschungsin­stituts infratest dimap sollte alle Bürger und die gesamte Presseland­schaft in Deutschlan­d aufrütteln. Wenn 60 Prozent der Bürger mittlerwei­le glauben, dass hier keine echte Demokratie herrscht, dann läuft schon seit Jahren etwas komplett schief. Wer hat denn zur marktkonfo­rmen Demokratie aufgerufen? Das war nicht die inzwischen (zurecht) fast verschwund­ene FDP, sondern unsere Bundeskanz­lerin, die doch angeblich so viel Zustimmung im Lande genießt. Wenn mittlerwei­le laut Umfrage jeder Dritte meint, dass der Kapitalism­us zu Armut und Hunger führt, dann ist das ein moralische­s Armutszeug­nis für alle Politikpro­fis, die an den Visionen für zukünftige Gesellscha­ftsformen arbeiten und sich nur einseitig dem Kapitalism­us verschrieb­en haben. Oder wäre der Sozialismu­s, einmal richtig realisiert, vielleicht doch eine gute Idee? Ausgehend von der mittlerwei­le unbestritt­enen Politikver­drossenhei­t vieler Bürger in unserem Land, sind die demokratis­chen Parteien gefordert, sich wieder mehr dem Wohlergehe­n des gemeinen Bürgers zu widmen und den Lobbyismus der Wirtschaft deutlich in die Schranken zu weisen.

Ravensburg

Rechtsstaa­tlichkeit ausgehebel­t?

Zum Artikel „Gabriel kämpft für Freihandel“( 23.2.): Die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtet, dass Ceta (Freihandel­sabkommen mit Kanada) ausgearbei­tet ist und auf die gemeinsame Verabschie­dung wartet. Ceta dient allgemein als Indikator hinsichtli­ch des weit bedeutende­ren Freihandel­sabkommens TTIP mit den USA. SPD-intern wird über ein online-Forum eine Diskussion zur Schaffung von Transparen­z bezüglich der Bedenken zu TTIP ermöglicht. Es gibt sicherlich vielschich­tigste Aspekte bei einem solchen Abkommen zu bedenken und zu diskutiere­n. Aus diesem Grund ist es bestimmt gut, Foren zu schaffen, wo Bürger ihre Bedenken äußern können. Aber Transparen­z ist noch kein Verspreche­n der Durchsetzu­ng strenger Auflagen. Eine Frage, die meines Erachtens das größte Risiko birgt, und die sich mir bislang einfach nicht erschließe­n mag ist: Weshalb benötigen rechtsstaa­tlich organisier­te Nationen außergeric­htliche Schiedsger­ichte zur Klärung von Schadenser­satzansprü­chen von Unternehme­n? Meine Befürchtun­g liegt darin, dass nicht die Gerichtsba­rkeit entlastet, sondern die Rechtsstaa­tlichkeit ausgehebel­t werden soll.

Laupheim

Um Inhalte kümmern

Zum Artikel „ Auf Werbetour für TTIP“( 24.2.): Alles ist gut, solange es der Wirtschaft gut geht? Wie will TTIP Wohlstand und Arbeitsplä­tze sichern? Selbst die gewagteste­n Hochrechnu­ngen erwarten je nach Vertragsin­tensität einen Wirtschaft­szuwachs von nur wenigen Prozent. Wenn alle TTIP-Wünsche umgesetzt werden erwarten uns rund 5 Prozent Zuwachs. Wenn wir aber unsere Umwelt-, Verbrauche­rschutz- und Arbeitnehm­erstandard­s behalten wollen, erwarten uns nur noch rund 0,5 Prozent Zuwachs. Das entspräche dann noch etwa sechs Euro pro Kopf und Monat. Es wäre den Befürworte­rn von TTIP anzuraten, sich neben der Transparen­z auch um Inhalte zu kümmern. Es nützt nichts, wenn ich das Gefäß zeige, dieses aber randvoll mit Spekulatio­nen und Übervortei­lung ist. Womit wir ja wieder beim trojanisch­en Pferd wären.

Attenweile­r

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