Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ukip erwartet Durchbruch bei Wahlen
in schöneres Geschenk hätte die nationale Statistikbehörde ONS der EU-feindlichen Ukip kaum machen können. Einen Tag vor dem heute in Margate (Grafschaft Kent) beginnenden Ukip-Wahlparteitag verkündeten die unabhängigen Experten: Die Einwanderung nach Großbritannien steigt weiterhin an, zuletzt wuchs die Bevölkerung der Insel innerhalb eines Jahres um knapp 300 000 Menschen.
Mit Vergnügen hauten UkipSprecher dem konservativen Premier David Cameron dessen gebrochenes Wahlversprechen von 2010 um die Ohren, er werde die NettoEinwanderung auf eine fünfstellige Zahl drücken. „Ukip ist die einzige Partei, der die Leute in dieser Frage Vertrauen schenken“, behauptete der Europa-Abgeordnete Steven Woolfe.
Ähnliches dürften die Delegierten und Medien heute auch von Nigel Farage zu hören bekommen. Die Rede Parteichefs wird den Abschluss eines Tages bilden, an dem die Nationalpopulisten „Menschen außerhalb unseres Lagers“zu erreichen versuchen. Nicht ohne Grund hat Farage seine Getreuen an die englische Ostküste geladen. Dort befinden sich viele der aussichtsreichsten Wahlkreise für die Nationalpopulisten: viele ältere, schlecht ausgebildete, nostalgische Wähler, kaum ethnische Minderheiten, schlechte wirtschaftliche Aussichten. Uikp hatte im vergangenen Mai 26,6 Prozent geholt und bei der Europawahl Platz eins belegt, allerdings bei kaum mehr als einem Drittel Wahlbeteiligung.
Das Zehnfache von 2010
Für die Unterhauswahl am 7. Mai billigen die Umfragen den englischen Nationalisten zwischen zwölf und 15 Prozent zu, das Zehnfache des Ergebnisses von 2010. Im britischen Mehrheitswahlrecht würde dies zwar wenig mehr als ein halbes Dutzend Mandate ergeben. Doch wäre das für eine Newcomer-Partei eine bemerkenswerte Leistung, die sich womöglich auf der linken Seite des politischen Spektrums im Ergebnis der Grünen widerspiegelt. Viele Ukip-Wähler würden die Partei wählen, „um das politische Establish- ment aus seiner Lethargie wachzurütteln”, glaubt der konservative „Times“-Kolumnist Tim Montgomerie.
Schon spekulieren Vertreter dieses Establishments wie Montgomerie über die Folgen des Erfolgs. Sollte tatsächlich eine veritable UnterhausFraktion zusammenkommen, Farage aber seinen Wahlkreis nicht gewinnen können, würde „das wackelnde Bündnis aus Reaktionären und UltraLiberalen schnell zusammenbrechen“.
Doch zunächst steht erst einmal die heiße Phase des Wahlkampfes bevor. Inständig hoffen die Ukip-Strategen, dass die umstrittenen TV-Debatten am Ende doch zustande kommen. Denn Farage ist es bisher stets gelungen, die Vertreter der etablierten Parteien mit flotten Sprüchen vorzuführen. Vor der Europawahl etwa verzeichnete er einen klaren Punktsieg im TV-Duell mit Nick Clegg, dem Vizepremier und Vorsitzenden der dahinsiechenden Liberaldemokraten. Farage könnte dieses Mal von späten Auftritten profitieren. Immerhin die Hälfte aller Wähler, weiß Ben Page vom Institut Ipsos Mori, ist bisher noch unentschlossen.