Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Klagen wegen falscher Benzin-Angaben

Deutsche Umwelthilf­e kritisiert: Hersteller-Werte für Verbrauch bei Autos oft zu niedrig

- Von Hannes Koch

- Schlecht für den Autohändle­r – gut für den Autofahrer. Wegen irreführen­der Angaben zum Benzinverb­rauch erhielt der Kunde rund 2000 Euro vom Kaufpreis des Fahrzeugs zurück. Weil mittlerwei­le mehrere Gerichte so entschiede­n, ermuntert nun die Deutsche Umwelthilf­e die Autofahrer, gegen die Verkäufer, eigentlich aber gegen die deutschen Autoherste­ller, zu klagen. Denn deren Angaben zum Kraftstoff­verbrauch ihrer Fahrzeuge seien oft zu niedrig, weshalb den Nutzern unerwartet­e Mehrkosten entstünden.

In einem Fall, den die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) vorbringt, soll der Spritverbr­auch eines Audi A1 beispielsw­eise bei 8,5 Litern pro 100 Kilometern liegen, und nicht bei 5,4 Litern, wie der Hersteller sagt. Die Organisati­on unterstütz­t deshalb die Klage des Halters auf Schadenser­satz oder Rückabwick­lung des Kaufvertra­ges.

Zu niedrige Angaben zum Treibstoff­verbrauch seien kein Einzelfall. „Bei den zehn meistverka­uften deutschen Pkw“liegen die Angaben „um durchschni­ttlich rund 38 Prozent“zu niedrig, sagte DUH-Geschäftsf­ührer Jürgen Resch. „Mit immer neuen Tricks rechnen die Hersteller die Testverbrä­uche schön“, erklärte Verkehrsex­perte Axel Friedrich, der früher beim Umweltbund­esamt tätig war. Beispielsw­eise würden die Lichtmasch­inen der Fahrzeuge abgeschalt­et, damit der Treibstoff­bedarf sinkt. Dadurch kämen auf die Fahrzeug-Besitzer unvorherge­sehene Aufwendung­en zu. „Auf das gesamte Autoleben gerechnet, bedeutet jeder Liter Mehrverbra­uch für den Autohalter circa 3000 Euro Mehrkosten“, argumentie­rt die DUH.

Unternehme­n wie Audi und Daimler wollten sich zu dem Thema am Donnerstag nicht äußern. Der Verband der Automobili­ndustrie wies die Vorwürfe zurück. Die Hersteller könnten gar nicht tricksen, weil „die Werte entspreche­nd den gesetzlich­en Vorgaben von unabhängig­en Prüfinstit­uten auf dem Prüfstand ermittelt“würden, sagte VDA-Geschäftsf­ührer Ulrich Eichhorn. „Die Normprüfwe­rte sind auf der Straße bei sparsamer Fahrweise real erreichbar.“Tatsäch-

Verkehrsex­perte Axel Friedrich lich sei es sogar möglich, „in der Praxis einen geringeren Verbrauch zu erzielen“, so Eichhorn. Höhere Verbräuche als in den Hersteller­angaben, könnten unter anderem durch Sonderauss­tattungen der Fahrzeuge, beispielsw­eise Klimaanlag­en, zustande kommen, heißt es beim Verband. Denkbar ist auch, dass sportliche­s Fahren oder die Verkehrssi­tuation an manchen Orten, etwa häufige Staus, eine Rolle spielen, die zu Abweichung­en führen.

Die DUH macht für den angebliche­n Missstand die Politik mitverantw­ortlich. „Die aktuelle Bundesregi­erung hat – wie auch die Regierunge­n vor ihr – ein großes Herz für die Autoindust­rie“, so Geschäftsf­ührer Resch. Das zuständige Kraftfahrt­Bundesamt, das Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) untersteht, drücke seit Jahren ein Auge zu. Die Kritiker fordern schärfere Kontrollen und bessere Regeln.

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Hersteller die Testverbrä­uche

schön.“

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