Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kein Bonus für energetische Sanierung
Koalition zofft sich um steuerliche Absetzbarkeit – Handwerk reagiert enttäuscht
- Der eigentlich schon beschlossene Steuerbonus für energetische Gebäudesanierung ist im Koalitionsausschuss überraschend. Still und leise hat die Große Koalition das Vorhaben – ein zentraler Bestandteil der Energiewende und der Klimaschutzpolitik von SchwarzRot – gestoppt.
Hintergrund war ein Streit um die Finanzierung. Insbesondere die CSU und ihr Vorsitzender, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, sollen sich dagegen gesperrt haben, dass im Gegenzug die Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen abgeschmolzen werden sollte. Die Union schiebt den Schwarzen Peter den Ländern zu: „Insbesondere die von SPD und Grünen regierten Länder müssen sich bewegen und bereit sein, einen eigenen finanziellen Beitrag zu leisten“, sagte Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU). In der Koalition ist ein Streit entbrannt, wer die steuerliche Absetzbarkeit der energetischen Sanierung auf dem Gewissen hat. Doch die Entscheidung steht vorerst.
„Armutszeugnis für die Regierung“
Das Handwerk habe sich von Anfang an gegen eine Aufrechnung des Handwerkerbonus mit der Förderung der Gebäudeenergieeffizienz ausgesprochen, sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Das sieht der Verband der Immobilieneigentümer Haus & Grund ähnlich. „Der Handwerkerbonus hätte unserer Meinung nach dafür nicht zur Diskussion gestellt werden müssen, da der Staat 2019 etwa 120 Milliarden Euro mehr einnehmen soll als 2014. Die insgesamt fünf Milliarden sollten aus unserer Sicht da schon drin sein“, so Ale- xander Wiech, Sprecher des Verbandes. „Wir befürchten, dass die Modernisierungen nun nicht den Schub erhalten, den sie sonst bekommen hätten.“Tobias Mehlich, Hauptge- schäftsführer der Handwerkskammer Ulm, sieht in diesem Schritt ein „Armutszeugnis für die Verlässlichkeit der Politik“. „Die Wankelmütigkeit der Politik wird nicht nur auf dem Rücken des Handwerks und des Bürgers ausgetragen, sondern schadet auch nachhaltig dem Klimaschutz.“Investitionen in die Energiewende bräuchten verlässliche, langfristige Unterstützung, so Mehlich.
Der Gebäudesektor gilt als „schlafender Riese“der Energiewende. Auf Wohnhäuser und Gebäude entfallen 40 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland. Nur sechs Prozent der Mehrfamilienhäuser und acht Prozent der Einfamilienhäuser sind nach heutigen Standards gedämmt, ein Viertel bis ein Drittel ist unter energetischen Gesichtspunkten halbwegs in Ordnung.
Eine massive Förderung der Gebäudedämmung war deshalb zentraler Bestandteil der Klimapläne der Regierung, um bis 2020 das Ziel zu erreichen, die Emissionen von Treibhausgasen gegenüber dem Niveau von 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Das Bundeswirtschaftsministerium prüfe nun alternativ, die KfWFörderungen zu erhöhen.