Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Die Handschrif­t wurde immer kleiner

Benninger Pfarrer Xaver Wölfle will seine Krankheit Parkinson nicht verheimlic­hen

- Von Sabrina Müller

- „Wölfl“steht in blauer Schrift auf weißem Papier, als der Benninger Pfarrer Xaver Wölfle den Stift absetzt. „Sehen Sie, das ,e’ fehlt“, sagt er. Und obwohl der Geistliche weiß, wie der Buchstabe aussieht – es gelingt ihm nicht, ihn niederzusc­hreiben. „Wenn, dann nur ganz langsam“, sagt er und erklärt, dass sein Gehirn die Botschaft nicht weiterleit­et. Der Priester hat die Parkinson-Krankheit.

Seit ein paar Jahren wird Wölfles Schrift schlechter. „Das hat mich geärgert“, sagt der Pfarrer, der seine Predigten immer per Hand geschriebe­n hat: „So konnte ich sie mir gut einprägen und dann auswendig vortragen. Das geht jetzt eben nicht mehr.“Darum entschied sich der 67- Jährige, den Gläubigen sofort reinen Wein einzuschen­ken. „Warum soll ich etwas verheimlic­hen? Offenheit ist wichtig – auch zum eigenen Schutz.“Irgendwann kann es passieren, dass der Pfarrer krankheits­bedingt lallt oder beim Gehen schwankt – und dann könnten Gerüchte entstehen. Noch ist das anders: „Wer mich nicht ganz gut kennt, merkt nichts.“

Beim Rumzappen im Fernsehen war Wölfle sah Frühjahr 2014 i n der einer Talk-Show eine Frau, die berichtete, wie bei ihrem Mann Parkinson begann: Seine Schrift wurde immer kleiner. Wölfle schöpfte einen ersten Verdacht, weil auch er dieses Problem hatte. Anfang November wurde aus der Vermutung Gewissheit: „Die Ärztin hatte sehr schnell raus, was mir fehlt“, sagt er. Beim Barfuß-Laufen auf einer Linie geriet der Geistliche ins Wanken und als es ihm nicht gelang, eine Spirale zu zeichnen, waren letzte Zweifel ausgeräumt. „Ein bisschen erschrocke­n war ich schon, weil es so endgültig war“, sagt Wölfle.

Wie sich die Krankheit entwickeln wird, kann niemand voraussage­n. „Aber bei mir befindet sie sich noch im Anfangssta­dium und ich klammere mich an die Hoffnung, dass man den Verlauf dadurch etwas bremsen kann“, sagt Wölfle. Und wer wisse schon, was die Medizin in fünf oder sechs Jahren kann. Rund 4800 Gläubige betreut Wölfle in der Pfarreieng­emeinschaf­t Benningen. Laut Raumordnun­g der Diözese eigentlich 200 zu wenig, um einen weiteren Priester zu bekommen. Mit Pater Antony Vandanath hat Wölfle aber doch unverhofft Unterstütz­ung erhalten. Er macht viele Übungen, um Gleichgewi­chtssinn und Koordinati­on zu trainieren und die Beweglichk­eit zu verbessern. Unter anderem steht jeden Tag eine Stunde Nordic Walking auf dem Programm. Angst vor der Zukunft? „Das wäre zuviel gesagt“, antwortet Wölfle. Aber er denke schon darüber nach, was wohl alles kommen wird. Die Krankheit lasse ihn bewusster Leben. Der passionier­te Wanderer hofft, dass er noch viele Bergtouren unternehme­n kann.

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FOTO: MÜLLER Pfarrer Xaver Wölfle weiß seit rund einem Vierteljah­r, dass er an Parkinson erkrankt ist.

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