Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Besonderes Jubiläum eines guten Menschen

Christian Streich ist seit fünf Jahren Freiburgs Trainer

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(dpa/sz) - Christian Streich sagte erst einmal ab. Erst nach einer Bedenkzeit wurde er Ende 2011 neuer Trainer des damals abstiegsbe­drohten SC Freiburg. Es war wohl weniger die sportlich prekäre Lage des Sportclubs, die den langjährig­en A-Junioren-Coach und CoTrainer des Vereins zögern ließ. Vielmehr ging es um die Loyalität zu seinem erfolglose­n Vorgänger Marcus Sorg, dem heutigen Assistente­n von Bundestrai­ner Joachim Löw, sowie die Aussicht, ins grelle Rampenlich­t der Bundesliga zu rücken.

Doch Streich hat durchgehal­ten, feiert an diesem Donnerstag sein Fünfjahres­jubiläum und ist der dienstälte­ste unter den aktuellen Trainern in der Bundesliga. Und er ist der, der mit seiner oft schrullige­n und unkonventi­onellen, aber immer menschlich­en Art mehr auffällt als viele seiner Kollegen.

Doch ständig im Fokus zu stehen, bleibt für ihn die größte Herausford­erung. Die fünf Jahre hätten sich eher angefühlt wie zehn, verriet er kürzlich. Daher kann Streich sich momentan nicht vorstellen, weitere fünf auf diesem Posten zu bleiben. „Aber ich konnte mir ja auch überhaupt nicht vorstellen, Profitrain­er zu werden“, sagte der 51-Jährige.

Anfangs versuchte er noch, seinen alemannisc­hen Dialekt bei Interviews in Fernsehen und Radio zu unterdrück­en, gab das aber bald auf und erlangte mit seinen Pressekonf­erenzen ungewollte­n Kultstatus. Der Fernsehsen­der TV Südbaden nahm den „Streich der Woche“ins Programm auf, der als Videokolum­ne von anderen Medien übernommen wurde. Das lag zum einen an ungewöhnli­chen und unverstell­ten Äußerungen wie folgender: „Am besten du machsch de Fernseher aus, schausch de Tabelle nit an, bringt ja alles nix. Spielsch! Übsch!“

Zum anderen äußert er, der gute Mensch aus dem Breisgau, sich auch politisch, spricht sich offen und vehement gegen Fremdenhas­s und gegen die AfD aus. Anfang Dezember forderte er mehr Zivilcoura­ge, als in Freiburg fremdenfei­ndliche Kommentare in Folge der Vergewalti­gung und Ermordung einer Studentin aufgekomme­n waren. Tatverdäch­tiger war ein junger Flüchtling. „Jetzt kommt es darauf an, wie diese Gemeinscha­ft in diesem Land auftreten wird. Was auch gesellscha­ftlich toleriert wird“, sagte Streich. Auch in der Kabine geht es nicht nur um Fußball, berichten seine Spieler. Vor der Landtagswa­hl forderte er sie auf, wählen zu gehen. Da kommt der Pädagoge in Streich durch. Der Sohn eines Metzgers aus Eimeldinge­n holte auf dem zweiten Bildungswe­g sein Abitur nach und studierte Germanisti­k, Geschichte und Sport auf Lehramt. Unterricht­et hat er nie, stattdesse­n wurde er nach mehreren Stationen als Fußballpro­fi 1995 A-Jugendtrai­ner beim Sportclub.

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