Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kammermusik vom Feinsten
Musikfestival „Schwäbischer Frühling“macht seinem Motto „ErstKlassik“alle Ehre
- Mit zwei großartigen Konzerten begannen im Bibliothekssaal des Klosters Ochsenhausen die Musikfestspiele „Schwäbischer Frühling“. Musikalischen Hochgenuss signalisierte das Motto „ErstKlassik“. Der erste Abend war der Bläserkammermusik, der zweite den Streichern gewidmet. Als Bindeglied der Besetzung fungierte das Klavier, Mozart und Debussy waren der rote Faden.
Das war eine feinsinnige und schlüssige Idee des langjährigen Intendanten Christian Altenburger, Garant für Qualität und Kontinuität. Als Wiener hat er einen besonderen Draht zu Mozart, und als Vollblutmusiker weiß er natürlich, dass der Franzose Debussy wohl eine Hassliebe zu Wagner, aber eine subtile Geistesverwandtschaft zu Mozart hatte. Ein französischer Kritiker meinte gar, Debussy sei ein Schüler Mozarts. So gelang eine Ouvertüre ganz besonderer Art.
Gleich das Eröffnungskonzert begann mit einem Höhepunkt: Mozarts Quintett für Bläser und Klavier KV 452 war nicht nur ein ideales Einspielstück, sondern zeigte von den ersten Takten an die große Klasse der Interpreten: Neben alten Bekannten wie Ulf Rodenhäuser an der Klarinette hatte Altenburger auch junge Begabungen wie die überragende Münchner Hornistin Hanna Sieber eingeladen.
Glücksgriff Glemser
Leider gab es bei Mozarts Bläserserenade c-Moll KV 388 am Ende der Programmfolge keine adäquate Fortsetzung. Jeweils zwei Oboen, Klarinetten, Hörner und Fagotte erzeugten zwar einen imposanten Klang, erreichten aber, wohl durch zwei kurzfristige Umbesetzungen bedingt, nicht ganz die makellose und transparente Interpretation des Quintetts. Mozart lag dieses Stück so sehr am Herzen, dass er nach dem Oktett noch eine Transskription als Streichquintett (KV 406) vorlegte, die natürlich als Vergleich gut ins Programm gepasst hätte.
Als besonderer Glücksgriff erwies sich der Pianist Bernd Glemser, der von Debussy drei Stücke aus dem ersten Band der „Préludes“und die legendären „Estampes“interpretierte und beim Mozart zusammen mit Bläsern sowie bei César Francks Klavierquintett f-Moll mit Streichern musizierte. Francks monumentales Werk aus den Jahren 1878/79 markiert den Aufbruch der französischen Musik in eine neue Zeit und brachte der Kammermusik völlig neue Impulse. Hier erwies sich Glemser erneut als sehr sensibler und aufmerksamer Kammermusiker, der es verstand, unterschiedliche Klangfarben bei Bläsern und Streichern optimal nachzuempfinden.
Mitreißende Wiedergabe
Zurück zu Debussy. War es bei der Eröffnung Bernd Glemser, der die flirrende, schwebende Klangfarbigkeit des Impressionisten in den Bibliothekssaal brachte, gelang es am Folgetag Christian Altenburger zusammen mit ihm in der Sonate für Violine und Klavier, die vielschichtige Harmonik und Mischung seltener Farben des Werkes hörbar werden zu lassen. Welch ein Glücksfall, auf diese Weise Debussys literarische Ideen, seine visuellen Eindrücke und seine Auseinandersetzung mit der bildenden Kunst erleben zu können. Das war eine fein aufeinander abgestimmte und mitreißende Wiedergabe.
Das Schmuckstück des zweiten Tages, das Streichtrio op. 9/1 von Beethoven, gab Altenburger und seinen langjährigen und in Ochsenhausen wohlbekannten Kammermusikpartnern Christoph Schiller (Viola) und Patrick Demenga (Violoncello) vielfach Gelegenheit, die heitere Stimmung in Beethovens Frühwerk in großer Spielfreude nachzuzeichnen. Delicatissimo, Kammermusik vom Feinsten!