Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Konflikt mit Ankara verschärft sich
Finanzminister Schäuble vergleicht die Türkei mit der DDR – Erdogan kontert die Vorwürfe
- Im Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei bleiben die Fronten verhärtet. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wies die Vorwürfe der Bundesregierung wegen der Inhaftierung deutscher Staatsbürger zurück, betonte aber die Bedeutung der deutschen Wirtschaft für sein Land. Berichte, wonach im Zuge von Terrorvorwürfen gegen deutsche Unternehmen ermittelt werde, nannte er „böse Propaganda“. Erdogan sicherte deutschen Investoren in der Türkei Schutz zu.
Die Bundesregierung hatte am Donnerstag eine „Neuausrichtung“ihrer Türkei-Politik angekündigt. Als Reaktion auf die Verhaftung des Menschenrechtlers Peter Steudtner und anderer Deutscher wurden die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes für das beliebte Urlaubsland verschärft. Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte hierzu der „Bild“-Zeitung: „Klar ist: Wer in die Türkei reist, verbringt seinen Urlaub leider nicht in einem Rechtsstaat.“Erdogan nannte die geänderten Sicherheitshinweise am Freitag „unangebracht“.
Wesentlich deutlicher wurde der türkische Staatspräsident in Sachen Investitionen. Am Donnerstag hatte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) deutschen Firmen und Konzernen von Projekten in der Türkei abgeraten. „Deutschland muss sich besinnen“, erklärte Erdogan hierzu. Und weiter: „Mit solchen Drohungen kann es uns niemals Angst machen.“
Im Zusammenhang mit Forderungen der Bundesregierung nach einer Freilassung deutscher Gefangener wie Steudtner, dem Journalisten Deniz Yücel und der aus Neu-Ulm stammenden Übersetzerin Mesale Tolu aus der Untersuchungshaft verschärfte Erdogan den Ton weiter: „Sie müssen wissen, dass unsere Justiz unabhängiger ist als ihre.“Der Präsident warf Deutschland in diesem Zusammenhang erneut vor, Terroristen Unterschlupf zu gewähren.
Angesichts der Festnahmen von Menschenrechtlern und Journalisten hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zuvor in der „Bild“-Zeitung erklärt: „Die Türkei verhaftet inzwischen willkürlich und hält konsularische Mindeststandards nicht ein. Das erinnert mich daran, wie es früher in der DDR war. Wer dort gereist ist, dem war klar: Wenn dir jetzt etwas passiert, kann dir keiner helfen.“
Aus Sicht des deutschen Verfassungsschutzes ist die Türkei wegen ihrer nachrichtendienstlichen Tätigkeit in Deutschland zu einem Gegner geworden. „Wir betrachten die Türkei spätestens seit dem Putschversuch im vergangenen Sommer und den Veränderungen der türkischen Innenpolitik als Nachrichtendienst nicht nur als Partner, sondern mit Blick auf Einfluss-Operationen in Deutschland auch als Gegner“, sagte Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz.