Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Bundespräsident Steinmeier sagt Ja zur „Ehe für alle“
Gesetz kann zum 1. Oktober in Kraft treten – Kritiker erwägen nach wie vor Klage beim Bundesverfassungsgericht
- Der Bundespräsident hat das Gesetz „Ehe für alle“unterzeichnet und sich damit über Aufrufe aus der Union hinweggesetzt, den Text erst vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. Die Juristen des Bundespräsidialamtes hatten keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Gesetz gezeigt.
Jetzt soll es schnell gehen: Bereits am kommenden Freitag soll das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Damit steht einem Inkrafttreten am 1. Oktober nichts mehr im Weg, hieß es am Freitag aus dem Bundesjustizministerium. „Umso früher die Ehe für alle kommt, desto besser. Die Zeit ist längst mehr als reif für diesen gesellschaftlichen Fortschritt“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Unser Recht muss endlich für alle gleich sein. Nirgendwo im Grundgesetz steht, dass die Ehe allein für Frau und Mann reserviert ist“, sagte Maas.
Der Bundestagsbeschluss vom 30. Juni, für den Schwule und Lesben jahrzehntelang gekämpft hatten, kann nun umgesetzt werden: 16 Jahre nach Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes werden Homosexuelle in Deutschland voll gleichgestellt.
Kritiker halten das Gesetz allerdings für verfassungswidrig. Experten verweisen darauf, dass die Karlsruher Richter noch in jüngerer Zeit klargestellt hätten, dass die Ehe als Lebensgemeinschaft eine Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau sei. Die bayerische Staatsregierung prüft den Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Die Unionsfraktion im Bundestag will dies abwarten und erst einmal nicht selbst tätig werden: „Sollten die Bayern klagen, könnten wir erwägen, uns an die Klage anzuhängen. Sollten die Bayern nicht klagen, müssten wir die Begründung dieser Entscheidung genau studieren, bevor weitere Schritte folgen könnten“, sagte der Justiziar der Fraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), am Freitag. Die AfD darf nicht klagen, weil sie nicht im Bundestag sitzt. Klageberechtigt sind allein die Bundesregierung, eine Landesregierung oder mindestens ein Viertel des Bundestages.
Vorbereitungen laufen
Kommt es jetzt zum Massenansturm auf die Standesämter? Die Kommunen rechnen nicht mit einer „Heiratsflut“, wie Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städteund Gemeindebundes, sagte. Das Bundesinnenministerium und die Länder müssen jetzt Verordnungen und Erlasse zur Umsetzung der „Ehe für alle“auf den Weg bringen. „Für die technische Abwicklung der Register muss die Software angepasst werden. So ändern sich zum Beispiel die Bezeichnungen für die Urkunden“, heißt es von den Kommunen.
Wer bereits „verpartnert“ist, hat zwei Optionen. „Eine Lebenspartnerschaft wird in eine Ehe umgewandelt, wenn zwei Lebenspartnerinnen gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen“, heißt es in dem Gesetz. Die Erklärung muss vor einem Standesbeamten abgegeben werden. Option zwei: Bestehende Lebenspartnerschaften können fortgeführt werden. Derzeit gibt es in Deutschland circa 43 000 eingetragene Partnerschaften.