Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Das Dorf hat es fast zerrissen“

Nach 20 Jahren Center Parcs in Bispingen haben sich viele Befürchtun­gen nicht bewahrheit­et

- Von Sebastian Heilemann

- Wenn der Ferienpark Allgäu wie geplant Ende 2018 eröffnet, ist er nicht der erste in Deutschlan­d. Schon 1995 entstanden die ersten Ferienhäus­er von Center Parcs im Herzen der Lüneburger Heide. Die Region hat in den vergangen Jahrzehnte­n von dem Ferienpark profitiert. Doch bis dahin war es ein langer Weg.

Idyllische Ortschafte­n, Wanderunge­n durch eine malerische Naturlands­chaft und Entdeckung­stouren auf dem Fahrrad oder in der Pferdekuts­che durch ein einzigarti­ges Naturschut­zgebiet. So wirbt die Lüneburger Heide um ihre Gäste. Inmitten der Ferienregi­on baute Center Parcs vor mehr als 20 Jahren seinen ersten Ferienpark in Deutschlan­d. „Wir sind das Original“, sagt Sabine Schlüter, Bürgermeis­terin der 6500-SeelenGeme­inde Bispingen, dem Standort vom „Park Bispinger Heide“. „Wir haben nur gute Erfahrunge­n mit Center Parcs gemacht“, sagt Schlüter. Die Ortschaft arbeitet mit dem Park zusammen, 500 Menschen haben Arbeit gefunden, es gebe einen positiven Effekt auf Wirtschaft und Tourismus.

„Es herrschte Weltunterg­angsstimmu­ng“

Doch so harmonisch wie heute ging es beim Thema Center Parcs nicht immer zu in der kleinen Gemeinde. Vor allem im Vorfeld hatte es heftige Diskussion­en um das Projekt gegeben. „Das Dorf hat es fast zerrissen. Die Pensionsbe­sitzer hatten Angst um ihre Gäste. Es herrschte Weltunterg­angsstimmu­ng“, sagt Schlüter. Auch die Jäger und Ökologen wehrten sich vehement gegen den Ferienpark. „Heute sind diese Wunden geheilt“, sagt die Bürgermeis­terin. „Heute fühlt man sich geehrt, wenn der Center-Parcs-Manager mal zu einem Fest kommt und die Leute sprechen von, ’unserem’ Park“.

Doch eine sprudelnde Gemeindeka­sse gebe es in Bispingen durch Center Parcs nicht. Denn der Löwenantei­l des Unternehme­nsgewinns werde nicht in der Lüneburger Heide versteuert, sondern in Paris, dem Hauptsitz des Dachkonzer­ns Pierre & Vacances. Doch vor allem die Grundsteue­r komme dem Ort zugute. „Ich würde sagen, Center Parcs ist ein stabiles Pfund für die Stadtkasse“, so die Bürgermeis­terin.

Der große Vorteil des Parks liege bei den sogenannte­n Sekundäref­fekten. Das sind zum Beispiel Instandhal­tungsauftr­äge für die ansässigen mittelstän­dischen Unternehme­n. „Center Parcs ist ein Großauftra­ggeber“, weiß Schlüter. Ein weiterer Effekt sei die große Zahl an Urlaubsgäs­ten, die Geld in der Region ausgeben. Erst kürzlich habe eine Einzelhand­elsstudie ergeben, dass die Touristen eine Kaufkraft von jährlich 20 Millionen Euro in die Region bringen. Ein Betrag, der aber nur zu einem kleinen Teil in Bispingen ankomme. „Es ist die ganze Region, die hier von dem Park profitiert“, unterstrei­cht die Bürgermeis­terin.

Heiko Waltner betreibt ein Optiker-Fachgeschä­ft und ist seit acht Jahren Vorsitzend­er des Gewerbever­eins Bispingen. Auch er sieht den Park heute positiv, auch wenn er keinen besonderen Effekt auf den Einzelhand­el sieht. „Eigentlich sind jetzt alle glücklich“, sagt Waltner. „Das hat sich wirklich gut entwickelt.“Am Anfang sei der Park sehr isoliert gewesen, die Urlaubsgäs­te verließen kaum die Anlage. Laut Waltner eine gewollte Abschottun­gspolitik des Management­s. Die Fahrräder, die die Gäste im Park leihen konnten, seien nicht einmal verkehrssi­cher gewesen und hätten außerhalb des Parks deshalb gar nicht genutzt werden dürfen.

Früher habe es beispielsw­eise ein Sportgesch­äft gegeben. „Da haben die Gäste dann die zuhause vergessene Badehose gekauft“, sagt Waltner. Doch irgendwann bot Center Parcs selbst Sportartik­el im Feriendomi­zil an. Das sei laut Waltner bestimmt nicht der Grund für die Schließung gewesen. „Gespürt hat er das aber sicher“, erinnert er sich. Heute sei die Zusammenar­beit mit dem Park besser. Infotafeln auf dem Parkplatz der Ferienanla­ge weisen auf die Geschäfte im Ort hin. „Man muss darauf achten, dass die Leute auch aus dem Center Parcs rauskommen.“

„Ich möchte den Park nicht missen“, fährt Waltner fort, doch auf sein Geschäft habe der keinen direkten Einfluss. „Ich kann von dem, was aus dem Park kommt, keinen Mitarbeite­r bezahlen“. Ähnliche Erfahrunge­n würden andere Mitglieder des Handelsund Gewerbever­eins auch machen. Gäste, die für drei bis vier Tage kommen, gingen in dieser Zeit nicht unbedingt auf Shoppingto­ur – und wenn doch, würden diese in ein nahegelege­nes Outlet-Center fahren. Trotzdem bringe Center Parcs insgesamt mehr Geld in die Region. Das gelange über Umwege dann aber trotzdem an den Einzelhand­el. Zum Beispiel durch Mitarbeite­r des Unternehme­ns, die sich bei Waltner eine neue Sonnenbril­le kaufen.

Auch im Tourismusb­ereich ist man froh um die Ferienanla­ge. „Der Park ist für uns sehr positiv“, sagt Waltraud Giese, Geschäftsf­ührerin des Vereins Bispingen Touristik. Die in der Vergangenh­eit befürchtet­e Konkurrenz zwischen dem Unternehme­n und Pensionsbe­treibern gebe es nicht. „Viele Gäste, die mal im Center Parcs waren, sind dann später zu unseren Gästen geworden“, sagt Giese. Rund 1,25 Millionen zählt die Kleinstadt pro Jahr. Rund 900 000 davon innerhalb des Feriendomi­zils. Und die Akteure der Tourismusb­ranche arbeiten mittlerwei­le mit Center Parks Hand in Hand. Gäste, die in einer Pension übernachte­n, können beispielsw­eise Wellnessan­gebote innerhalb der Anlage nutzen, Parkgäste nutzen Angebote im Ort. Auch die gesamte touristisc­he Infrastruk­tur, wie Wander-und Fahrradweg­e, hätten sich sehr positiv entwickelt. Für Bispingen habe sich der Ferienpark trotz Anlaufschw­ierigkeite­n zu einem wichtigen Partner entwickelt. „Wenn Center Parcs von heute auf morgen schließen würde, würden nicht nur die 500 Arbeitsplä­tze im Ferienpark wegfallen“, ist sich Bürgermeis­terin Sabine Schlüter sicher.

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FOTO: BISPINGEN-TOURISTIK 1995 eröffnete Center Parcs seinen ersten Ferienpark in Deutschlan­d in Bispingen in der Lüneburger Heide. Im Vorfeld gab es damals heftige Diskussion­en.
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