Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Das Dorf hat es fast zerrissen“
Nach 20 Jahren Center Parcs in Bispingen haben sich viele Befürchtungen nicht bewahrheitet
- Wenn der Ferienpark Allgäu wie geplant Ende 2018 eröffnet, ist er nicht der erste in Deutschland. Schon 1995 entstanden die ersten Ferienhäuser von Center Parcs im Herzen der Lüneburger Heide. Die Region hat in den vergangen Jahrzehnten von dem Ferienpark profitiert. Doch bis dahin war es ein langer Weg.
Idyllische Ortschaften, Wanderungen durch eine malerische Naturlandschaft und Entdeckungstouren auf dem Fahrrad oder in der Pferdekutsche durch ein einzigartiges Naturschutzgebiet. So wirbt die Lüneburger Heide um ihre Gäste. Inmitten der Ferienregion baute Center Parcs vor mehr als 20 Jahren seinen ersten Ferienpark in Deutschland. „Wir sind das Original“, sagt Sabine Schlüter, Bürgermeisterin der 6500-SeelenGemeinde Bispingen, dem Standort vom „Park Bispinger Heide“. „Wir haben nur gute Erfahrungen mit Center Parcs gemacht“, sagt Schlüter. Die Ortschaft arbeitet mit dem Park zusammen, 500 Menschen haben Arbeit gefunden, es gebe einen positiven Effekt auf Wirtschaft und Tourismus.
„Es herrschte Weltuntergangsstimmung“
Doch so harmonisch wie heute ging es beim Thema Center Parcs nicht immer zu in der kleinen Gemeinde. Vor allem im Vorfeld hatte es heftige Diskussionen um das Projekt gegeben. „Das Dorf hat es fast zerrissen. Die Pensionsbesitzer hatten Angst um ihre Gäste. Es herrschte Weltuntergangsstimmung“, sagt Schlüter. Auch die Jäger und Ökologen wehrten sich vehement gegen den Ferienpark. „Heute sind diese Wunden geheilt“, sagt die Bürgermeisterin. „Heute fühlt man sich geehrt, wenn der Center-Parcs-Manager mal zu einem Fest kommt und die Leute sprechen von, ’unserem’ Park“.
Doch eine sprudelnde Gemeindekasse gebe es in Bispingen durch Center Parcs nicht. Denn der Löwenanteil des Unternehmensgewinns werde nicht in der Lüneburger Heide versteuert, sondern in Paris, dem Hauptsitz des Dachkonzerns Pierre & Vacances. Doch vor allem die Grundsteuer komme dem Ort zugute. „Ich würde sagen, Center Parcs ist ein stabiles Pfund für die Stadtkasse“, so die Bürgermeisterin.
Der große Vorteil des Parks liege bei den sogenannten Sekundäreffekten. Das sind zum Beispiel Instandhaltungsaufträge für die ansässigen mittelständischen Unternehmen. „Center Parcs ist ein Großauftraggeber“, weiß Schlüter. Ein weiterer Effekt sei die große Zahl an Urlaubsgästen, die Geld in der Region ausgeben. Erst kürzlich habe eine Einzelhandelsstudie ergeben, dass die Touristen eine Kaufkraft von jährlich 20 Millionen Euro in die Region bringen. Ein Betrag, der aber nur zu einem kleinen Teil in Bispingen ankomme. „Es ist die ganze Region, die hier von dem Park profitiert“, unterstreicht die Bürgermeisterin.
Heiko Waltner betreibt ein Optiker-Fachgeschäft und ist seit acht Jahren Vorsitzender des Gewerbevereins Bispingen. Auch er sieht den Park heute positiv, auch wenn er keinen besonderen Effekt auf den Einzelhandel sieht. „Eigentlich sind jetzt alle glücklich“, sagt Waltner. „Das hat sich wirklich gut entwickelt.“Am Anfang sei der Park sehr isoliert gewesen, die Urlaubsgäste verließen kaum die Anlage. Laut Waltner eine gewollte Abschottungspolitik des Managements. Die Fahrräder, die die Gäste im Park leihen konnten, seien nicht einmal verkehrssicher gewesen und hätten außerhalb des Parks deshalb gar nicht genutzt werden dürfen.
Früher habe es beispielsweise ein Sportgeschäft gegeben. „Da haben die Gäste dann die zuhause vergessene Badehose gekauft“, sagt Waltner. Doch irgendwann bot Center Parcs selbst Sportartikel im Feriendomizil an. Das sei laut Waltner bestimmt nicht der Grund für die Schließung gewesen. „Gespürt hat er das aber sicher“, erinnert er sich. Heute sei die Zusammenarbeit mit dem Park besser. Infotafeln auf dem Parkplatz der Ferienanlage weisen auf die Geschäfte im Ort hin. „Man muss darauf achten, dass die Leute auch aus dem Center Parcs rauskommen.“
„Ich möchte den Park nicht missen“, fährt Waltner fort, doch auf sein Geschäft habe der keinen direkten Einfluss. „Ich kann von dem, was aus dem Park kommt, keinen Mitarbeiter bezahlen“. Ähnliche Erfahrungen würden andere Mitglieder des Handelsund Gewerbevereins auch machen. Gäste, die für drei bis vier Tage kommen, gingen in dieser Zeit nicht unbedingt auf Shoppingtour – und wenn doch, würden diese in ein nahegelegenes Outlet-Center fahren. Trotzdem bringe Center Parcs insgesamt mehr Geld in die Region. Das gelange über Umwege dann aber trotzdem an den Einzelhandel. Zum Beispiel durch Mitarbeiter des Unternehmens, die sich bei Waltner eine neue Sonnenbrille kaufen.
Auch im Tourismusbereich ist man froh um die Ferienanlage. „Der Park ist für uns sehr positiv“, sagt Waltraud Giese, Geschäftsführerin des Vereins Bispingen Touristik. Die in der Vergangenheit befürchtete Konkurrenz zwischen dem Unternehmen und Pensionsbetreibern gebe es nicht. „Viele Gäste, die mal im Center Parcs waren, sind dann später zu unseren Gästen geworden“, sagt Giese. Rund 1,25 Millionen zählt die Kleinstadt pro Jahr. Rund 900 000 davon innerhalb des Feriendomizils. Und die Akteure der Tourismusbranche arbeiten mittlerweile mit Center Parks Hand in Hand. Gäste, die in einer Pension übernachten, können beispielsweise Wellnessangebote innerhalb der Anlage nutzen, Parkgäste nutzen Angebote im Ort. Auch die gesamte touristische Infrastruktur, wie Wander-und Fahrradwege, hätten sich sehr positiv entwickelt. Für Bispingen habe sich der Ferienpark trotz Anlaufschwierigkeiten zu einem wichtigen Partner entwickelt. „Wenn Center Parcs von heute auf morgen schließen würde, würden nicht nur die 500 Arbeitsplätze im Ferienpark wegfallen“, ist sich Bürgermeisterin Sabine Schlüter sicher.