Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Da droht eine Spaltung“
- Gökay Sofuoglu (Foto: dpa), Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, sieht im Vorgehen der Bundesregierung ein letztes Angebot an Recep Tayyip Erdogan, zur diplomatischen Vernunft zurückzukehren. Dies sagte Sofuoglu im Gespräch mit Andreas Herholz.
Die Bundesregierung erhöht den Druck auf die Türkei. Ein richtiger Kurswechsel?
Der Kurswechsel war dringend notwendig, nachdem immer mehr deutsche Staatsbürger in der Türkei verhaftet worden sind. Die Bundesregierung hätte andernfalls ihre Glaubwürdigkeit verloren, wenn sie nicht reagiert hätte. Diese Neuausrichtung ist ein letztes Angebot an Erdogan zum Dialog und zur Rückkehr zur diplomatischen Vernunft. Die Tür für Ankara steht immer noch offen.
Es heißt, Erdogans Arm würde immer stärker nach Deutschland reichen. Seine Geheimdienste sollen hierzulande Kritiker bespitzeln. Wie ernst ist die Lage?
Ich lebe seit 37 Jahren in Deutschland. Der türkische Geheimdienst war hier immer aktiv. Auch jetzt arbeitet er. Da wird Druck auf Kritiker gemacht. Wir dürfen uns nicht spalten lassen. Für die Türken und Deutsch-Türken hierzulande ist dies eine schwierige Situation. Ob im Alltag, am Arbeitsplatz oder im Sportverein – überall wird man mit dem Türkei-Konflikt und Erdogans Provokationen konfrontiert. Da droht eine Spaltung. Die Erfolge jahrzehntelanger Integration geraten in Gefahr.