Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hochzeitsmusik ist einmaliges Erlebnis
Das Renaissance-Ensemble „Capella de la Torre“spielt in der Nikolaikirche auf
- Lustvoll, energiegeladen und musikalisch hochkarätig: So lässt sich der Auftritt des Renaissance-Ensembles „Capella de la Torre“in der Nikolaikirche auf einen Nenner bringen. Nur ist ihre „Hochzeitsmusik“anlässlich der Eheschließung Martin Luthers mit Katharina von Bora im Juni 1525 viel mehr – nämlich ein einmaliges Erlebnis auf alten Instrumenten, wie sie wohl vor 500 Jahren schon getönt haben.
Pirmin Frisch, der Initiator nicht nur dieses Abends, sondern auch des vorangegangenen Schüler-Workshops „Zeitmaschine – Alte Musik für junge Leute“, freute sich über den regen Besuch, der das Kirchenschiff nahezu füllte. Ihm lag bei der Einladung der mit dem „Echo Klassik 2016“in der Kategorie „Ensemble des Jahres“ausgezeichneten Capella an der Idee, im lutherischen Jubiläumsjahr in die Zeit der Reformation einzutauchen. Viele staunende Augen habe es gegeben beim Besuch der Prädikantenbibliothek vergangenen Mittwoch mit Pfarrer Dietrich Oehring. Eine Tür zu einem geheimen Raum sei aufgestoßen worden, um der Zeit Luthers sehr nah zu kommen, Frisch.
Wie auch am Konzertabend auf musikalischem Wege, den das siebenköpfige Ensemble mit einer Morisque und einer Ciaconna im Mittelgang eröffnete. Ihre historischen Holzblasinstrumente erzeugten dabei satte, erdige Klangfarben, die sich deutlich vom Metall der Blechbläser abheben. Dass beide Spezies durchaus harmonieren, zeigte ihr Auftritt zusammen mit den Schülern der Bläserklasse des Gymnasiums in mehreren einstudierten Stücken. Oboe, Klarinette, Trompete oder Saxophon trafen auf Schalmei, Pommer und Dulzian. „Drei wundervolle Tage haben wir verbracht und unsere Musik ausprobiert“, zeigte sich Leiterin Katharina Bäuml begeistert über den Workshop. In ihrem gemeinsamen Musizieren während des Gastspiels ließ sich das gut nachvollziehen. sagte
Das Hauptaugenmerk galt am Abend den sieben Musikern mit der Sopranistin Margaret Hunter, Hildegard Wippermann am Pommer, Regina Hahnke am Dulzian als Vorläufer des Barockfagotts, Posaunist Tural Ismayilov, Perkussionist Peter A. Bauer, Martina Fiedler an der Orgel und Schalmeispielerin Katharina Bäuml. Die „förmliche, öffentliche Hochzeitsfeier“setzte Luther auf den 27. Juni 1525 an. Gegliedert in einen Gottesdienst mit der Trauzeremonie und dem nachfolgenden Hochzeitsfest bei gutem Essen, Trinken und natürlich ausgelassenem Tanz.
Von Luther sei bekannt, dass er selbst eine schöne Tenorstimme hatte und sein ganzes Leben von Musik begleitet war, erzählte Katharina Bäuml. So gab sich der erste Teil beginnend mit dem Choral „In te domine speravi“von Luthers Lieblingskomponisten Josquin Deprez eher noch gesetzt und maßvoll. Herausragend und von glockenheller Färbung ist Margaret Hunters Sopran. Geradezu sphärisch erfüllte ihre Stimme in Heinrich Isaaks vierstimmigen Satz über den Text „Loquebar de testimoniis“den Raum. Ihr Gesang barg Momente tiefen Berührtseins, das Andächtige der Zeremonie wurde gut nachvollziehbar. Die Melodien dieser Werke gestalten sich als ein beständiges Auf- und Abwiegen, das versöhnlich und friedvoll stimmt. Besonders deutlich in der Antiphon „Verleih uns Frieden gnädiglich“, die auf einen gregorianischen Choral zurückgeht.
Hochzeitsfest voller Lebensfreude
Anders – offen und lustvoll – gestaltete sich der zweite Teil mit dem Hochzeitsfest. Komponisten aus Frankreich, den Niederlanden, Italien und Deutschland, die Bartolomeo Tromboncino, Thoinot Arbeau, Niccolo Piffaro, Michael Praetorius oder Adrian Willaert heißen, steuerten Werke bei. Rhythmisiert von Bauers Trommelschlägen und Tamburinklängen, die sich in einem „Basse danse alliot nouvelle“marschartig gaben, verdichtete sich die Bläsermelodie zu einem um sich kreisenden Tanz. Vielen Zuhörern dürfte das anonyme Trinklied „Tourdion“als ein lebhafter Springtanz im Sechsachteltakt bekannt gewesen sein. Hier verlieh Hunters Sopran dem festlichen Treiben großartige Lebendigkeit, wie sie sich zu Luthers Zeiten zugetragen hat.