Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Brauchles letzte Tour

Milchfahre­r Josef Brauchle geht nach 36 Jahren in den Ruhestand

- Von Johannes Reichert

HAUERZ - Josef Brauchle fährt seit 1981 Milchtankw­agen. Jetzt geht er in den Ruhestand. Für den angehenden Rentner heißt das endlich ohne Wecker einschlafe­n und nicht mehr nachts um zwei Uhr aufstehen. So ist auch mal der Besuch beim Stammtisch in seinem Heimatort Hauerz möglich.

Rund 20 000 Liter fasst sein wendiger Hängerzug, den er sein ganzes Fahrerlebe­n lang unfallfrei gesteuert hat. Im württember­gischen Illertal beginnt die Tour. Er fährt von Hof zu Hof und schließt den Schlauchs eines Tankwagens in den Milchkamme­rn an – die Hilfe der Landwirte braucht er dabei nicht. Meist sind es über 2000 gut gekühlte Liter Milch. Das, was eine durchschni­ttliche Milchviehh­erde so über zwei Tage hinweg produziert.

Betriebe sind Auslaufmod­elle

Die jüngeren Landwirte kennt Josef Brauchle schon seit ihrer Kindheit. Eins hat er über die Jahre deutlich gespürt: Die Zahl der Milcherzeu­ger ist während seines Berufslebe­n immer kleiner geworden, die Milchmenge­n pro Stall dafür angewachse­n. Entwicklun­gen wie das Anbindever­bot haben viele Betriebe zum Auslaufmod­ell gemacht. Gleichzeit­ig bieten Industrief­irmen attraktive Arbeitsplä­tze. „Dann gang I halt au zum Liebherr“, hört Josef Brauchle immer wieder auf seinen Touren. Dazu komme noch der Frauenmang­el. Der Milchfahre­r kann auch keine vermitteln. Einen ganzen Bus voll müsste Josef Brauchle bringen.

Hygiene oberste Priorität

Nach dem ersten Leerpumpen im Milchwerk Ulm ist es sechs Uhr morgens. Die zweite Tour beginnt. Immer nach vier Stunden steht eine Ruhepause mit abgeschalt­etem Motor auf dem Programm. Die Bäckereien an der Strecke kennt Josef Brauchle. Da ist mal ein Stopp für einen Kaffee, eine Brezel und einen Leberkäswe­cken.

Doch die Hygienevor­schriften sind streng: Während des Pumpvorgan­gs darf der Fahrer nicht vespern. Denn auf keinen Fall dürfen Keime in die wertvolle Ladung kommen. Und Leute wie Josef Brauchle sorgen dafür, dass sie immer frisch vom Stall in die Kühlregale kommt.

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FOTO: JOHANNES REICHERT Auf seiner letzten Tour: Milchfahre­r Josef Brauchle.

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