Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Verpasste Chance
Wer eine Affinität zu Sportereignissen hat, weiß, dass es kaum etwas Spannenderes gibt als den sportlichen Wettkampf, als das Drama um Sieg oder Niederlage, als die vielen menschlichen Geschichten hinter den Leistungen, seien sie gut oder auch weniger gut. Das macht für den Zuschauer den Reiz von Sportübertragungen aus. Aber sind Olympische Spiele deshalb gleich „ein hohes programmliches Gut“, wie es gestern ARD-Programmdirektor Volker Herres sagte? Für die hohe, aus Gebühren generierte Millionensummen bezahlt werden sollten? Für ein Spektakel, das sich in seiner Gigantomanie längst selber infrage gestellt hat? Die Antwort kann nur lauten: Nein.
Deshalb ist die Nachricht, die öffentlich-rechtlichen Sender übertragen die Olympischen Spiele 2018 bis 2024 nun doch, eine schlechte. Und vor allem eine, die ohne Not gefällt wurde. Die Hauptlizenz für die Spiele hat Eurosport erworben und zugesichert, in Deutschland auf dem Kanal Eurosport 1 Olympia für alle frei empfangbar und ohne Zusatzkosten zu übertragen. Wer braucht da ARD und ZDF? Niemand, aber womöglich brauchen die öffentlich-rechtlichen Sender die Rechte selber am meisten, um sich über die Großereignisse einer vermeintlich eigenen Größe zu versichern. Zudem taugt der Sport den beiden Kanälen schon lange dazu, fehlende eigene Kreativität in der Programmgestaltung zu überdecken. Man denke nur an die Wintersportübertragungen, die am Wochenende ganztägig über die Mattscheibe flimmern, dass selbst der härteste Fan ermüdet und verärgert abschaltet. Was Olympia angeht, ist die Entwicklung absehbar. Die Öffentlich-Rechtlichen werden pflichtgemäß über Kosten, Korruption und Doping berichten. Das Gros der Sendungen wird jedoch von mit nationalem Pathos getränkten Heldengeschichten erzählen, aber auch von packenden Wettkämpfen und unvergesslichen Dramen. Dann allerdings auf mindestens zwei Sendern parallel.
Als vor Wochen ARD und ZDF zunächst aus dem Millionenpoker Olympia ausgestiegen waren, hieß es, dies sei die Chance für einen Neuanfang bei Sportübertragungen. Heute lässt sich sagen: Chance verpasst.