Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Kein Alltag ist jetzt mein Alltag“
Philipp Dittberner spricht über sein Leben als Musiker und sein neues Album
Singer-Songwriter Philipp Dittberner hat sich über „Wolke 4“den Weg ins Musikgeschäft geebnet. Mittlerweile ist der 27-Jährige seit zwei Jahren Vollzeit-Musiker. Am 18. August erscheint bereits sein zweites Album „Jede Nacht“. Eva-Maria Peter hat mit dem Berliner über vergangene Zeiten, Hoffnung und das Kind im Manne gesprochen.
2015 warst du mit „Wolke 4“musikalisch auf Wolke 7. Auf welcher Wolke würdest du dich momentan einstufen?
Ich bin momentan ein bisschen wolkenlos – eher ein bisschen durch den Wind und ein wenig aufgeregt. Aber ich freue mich auf alles was jetzt kommt. Die Tour, Promo-Tage und dass ich mit Leuten über meine neue Musik sprechen kann.
Was hat sich seit dem Hit „Wolke 4“in deinem Leben am stärksten verändert?
Als Physiotherapeut war ich jeden Morgen um sieben Uhr im Krankenhaus. Nun ist jeder Tag anders, und ich habe immer den Drang zu schreiben und Ideen umzusetzen. Kein Alltag ist jetzt mein Alltag. Manchmal vermisse ich den strukturierten Alltag schon, auch wenn es jetzt viel spannender ist.
Dein neues, zweites Album „Jede Nacht“erscheint am 18. August. War das zweite Album schwieriger als das erste?
Jeder behauptet das, aber bei mir war das nicht so. Mein Hintergrund ist auch ein anderer. Ich bin damals ohne Management und ohne Label oder Geld durchgestartet. Das Einzige, was ich hatte, war meine Idee mit der „Wolke 4“und ein 40-Euro-Mikrofon. Vielleicht habe ich dadurch einfach weniger Druck. Jedenfalls will ich mich nicht in die Gesetzmäßigkeiten der Industrie einordnen und um das zweite Album einen großen Wirbel machen.
Hast du immer ausreichend Ideen oder sitzt du manchmal vor dem leeren Blatt?
Schreibblockaden gehören dazu. Wichtig ist, schnellstmöglich wieder in die Bahn zu kommen. Das Schreiben darf nicht groß vertagt werden. Manchmal denke ich wirklich, das war es jetzt. Mir fällt nichts mehr ein. Jetzt werde ich eben Bäcker oder so, und dann kommt im letzten Moment wieder eine neue Idee.
Welcher Song auf „Jede Nacht“wird am ehesten ein Hit werden?
Das sind so viele Parameter und so viele Kleinigkeiten, die passen müssen. Und es gehört auch sehr viel Glück dazu. Zur richtigen Zeit das richtige Lied. Ich finde es auch furchtbar, wenn Produzenten sagen, „das gibt so einen krassen Hit“. Wer das sagt, schafft es am Ende nicht. Ich will nicht auf den Kommerz hören, sondern einfach mein Ding durchziehen. Hätte mir jemand gesagt, dass „Wolke 4“ein Hit wird, hätte ich ihn ausgelacht.
Was sagt Herbert Grönemeyer, der Chef deines Plattenlabels, über dein neues Album?
Es gefällt ihm sehr gut, inhaltlich und musikalisch. Wäre es absolute Grütze, hätte er es nicht herausgebracht. Grundsätzlich ist das Vertrauen einfach da, und er sagt immer „Philipp macht das schon“.
Wie hast du dich musikalisch entwickelt in den vergangenen zwei Jahren?
Das ist schwer zu sagen. Als Musiker kann ich mich nicht wie ein Fußballspieler weiter entwickeln. Ich werde nicht besser oder schlechter sondern einfach anders und erwachsener. Die Themen ändern sich. Die Lieder der letzten Platte habe ich mit 23 geschrieben, da standen andere Dinge im Fokus als jetzt. Es soll nicht mehr nur um Liebe oder Freundschaft gehen. Bei dem Lied „Winter“geht es beispielsweise um Krankheit oder bei „So gleich“um familiäre Dinge. Solche Themen kann ich erst aufgreifen, seitdem ich reifer bin.
Hoffnung ist in deinen Songs auch ein großes Thema … Wer oder was gibt dir persönlich Hoffnung?
Hoffnung klingt so dramatisch. Wer braucht überhaupt Hoffnung? Mir geht es gar nicht so schlecht, dass ich so viel hoffen muss. Aber klar, Hoffnung gehört zum Leben dazu. Jeder will seine Träume erfüllen und seinen Platz im Leben finden. Ich versuche auf mich selbst zu vertrauen. Wenn ich mein Bestes gebe, wird schon alles klappen. Ich bin ein ziemlich harter Realist und kann einschätzen, wann es sich lohnt zu hoffen. Wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf.
Viele Musiker geben sich für Sponsorings und Werbung her. Wie stehst du zu Sponsoring von Unternehmen?
Ich hatte die eine oder andere Anfrage auf dem Tisch. Bis jetzt habe ich nicht viel gemacht, weil es eben nicht um meine Musik geht. Es geht da nur um die neue Frisur, die neue Freundin oder neue Schuhe. Ich will nicht, dass mein Gesicht im Vordergrund steht, sondern meine Texte und meine Melodien.
Für welches Unternehmen würdest du werben?
Für eine Gitarrenfirma vielleicht. Der Fokus muss ganz klar auf der Musik liegen. Wenn das gegeben ist, würde ich es mir echt überlegen.
Du hast ein Faible für Spielzeugläden. Was ist dein Lieblingsspielzeug?
Auf Tour hatten wir ein großes Sammelsurium an Wasserpistolen dabei. Die habe ich an alle Crewmitglieder verteilt, und so konnte sich niemand sicher sein. Und ich liebe diese Roller, bei denen man mit dem Hintern wackeln muss und sich dann mit dem Hüftschwung fortbewegt. Also ein bisschen irre, aber sehr spaßig. Als Kind war ich total affin zu Spielzeugläden, und wenn ich heute durchlaufe, denke ich immer an früher. Wenn ich dann mal Kinder habe, muss meine arme Frau damit leben, dass ich Unmengen an Spielzeug kaufen werde.
Wärst du gerne noch ein Kind?
Ach, ich glaube wirklich, dass Männer große Kinder sind. Ich werde zwar älter, aber ich bleibe immer der gleiche Typ und man behält diese kindliche Art. Man wird nur zahlentechnisch älter und somit ein wenig lahmer.
Mit welcher Musik bist du groß geworden?
Ich fand immer schon gitarrenlastige Musik gut. Mit zehn Jahren habe ich Red Hot Chili Peppers gehört, und ich hatte jede Nirvana-CD, die es gibt. Irgendwann hatte ich die Vision, wenn der krasse Typ, Kurt Cobain, der immer auf Drogen ist, das spielen kann, dann kann ich das auch schaffen. Später wurde es immer härter. Ich hatte lange Haare und war Metallica-Fan. Mein Bruder war HipHopper und fand das furchtbar.
Was hörst du heute am liebsten?
Heute höre ich alles. Von MädchenPop bis Hip-Hop. Die Songs müssen eben ihren eigenen Touch und Charakter haben.
Was ist dein Rezept für ein glückliches Leben?
Halte deine Augen auf für die kleinen, schönen Dinge und lebe den Moment. Ob das ein Essen mit guten Freunden ist oder ein Urlaub, den man aufsaugt und nicht vergisst. Verzage nicht an Sachen, die nicht funktionieren. Mach immer weiter, und gib dich mit deinem Leben zufrieden.
Live: 21.10. Ulm, Roxy; 22.10. München, Clap Club; 23.10. Stuttgart, Im Wizemann.