Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Eine Bühne für den Kontinent
Der ehemalige Puma-Chef Jochen Zeitz eröffnet in Kapstadt ein Museum für zeitgenössische afrikanische Kunst
KAPSTADT (KNA) - Was haben Turnschuhe und zeitgenössische afrikanische Kunst gemeinsam? Die Antwort ist er: Jochen Zeitz, ehemaliger Geschäftsführer des Sportartikelherstellers Puma, Afrikaliebhaber und Kunstmäzen. In Kapstadt wird der deutsche Unternehmer in wenigen Wochen das bislang größte Museum eröffnen, in dem afrikanische Künstler im Mittelpunkt stehen.
Allerdings: Das ambitionierte Projekt ist nicht unumstritten. Es befindet sich im Kapstadter Hafenviertel „Waterfront“, das weit mehr ist als eine Anlaufstelle für Industrieschiffe: Touristenmagnet, Vergnügungsviertel, Einkaufsparadies – und demnächst auch Anziehungspunkt für Kunstliebhaber. Am 22. September eröffnet in einem historischen Getreidespeicher zwischen Containerschiffen und Souvenirläden das „Zeitz Museum für zeitgenössische afrikanische Kunst“, kurz „Zeitz MOCCA“.
Die jährlich 24 Millionen Besucher der „Waterfront“haben künftig die Chance, nebst Plastiken 80 verschiedene Galerien auf 6000 Quadratmetern Ausstellungsfläche anzusehen. Um zu dem Skulpturgarten am Hochdach zu gelangen, müssen sie neun Stockwerke zurücklegen. „Ich hoffe, die Öffentlichkeit wird von den Kunstwerken genauso umgehauen sein wie ich, als ich sie das erste Mal sah“, sagt Museumsgründer Zeitz.
Leidenschaft für den Kontinent
Der Kern der Ausstellungsobjekte stammt aus Zeitz’ privater Kunstsammlung und ist eine Langzeitleihgabe an das Museum. „Ich liebe Afrika und hatte für viele Jahre ein Haus in Kenia. Meine Leidenschaft für den Kontinent wurde schon vor Jahrzehnten entfacht, und ich kaufte hier und da ein paar Kunstwerke.“Die Idee, seine eigene Kollektion zu starten, kam dem damaligen Puma-Chef nach einem Treffen mit Mark Coetzee, dem künftigen Direktor des Zeitz Museums. Er traf ihn bei der Ausstellung „30 Americans“, die erstmalig im großen Stil die Werke afroamerikanischer Künstler präsentierte. „Diese Show lieferte den zündenden Funken, um meine Passion für zeitgenössische Kunst aus Afrika und seiner Diaspora zu entfachen.“
Gemeinsam wollen Zeitz, Coetzee und die Betreiber der „Waterfront“aber nicht nur wohlhabende Touristen an Afrikas Südzipfel locken. Das Museum versteht sich als nichtkommerzielle Brücke zwischen den Kontinenten und Fördereinrichtung für Afrikas aufstrebende und bereits etablierte Künstler. „Den unglaublich talentierten Künstlern aus Afrika wird schon zu lange die Möglichkeit vorenthalten, sich der Welt zu präsentierten. Wir glauben daran, dass diese wichtige Plattform den kreativen Stimmen des Kontinents die Chance gibt, ihre eigene Geschichte zu erzählen“, sagt Zeitz. Laut David Green, Geschäftsführer des Vergnügungsviertels, ist das Museum für die „Freude aller Bewohner am Kontinent“geschaffen worden.
Jedoch gibt es – neben all den positiven Stimmen – einen zentralen Kritikpunkt an dem Museumsprojekt: Zeitz’ Herkunft. Wieso braucht es einen Deutschen, um afrikanische Kunst zu fördern, wollen Kritiker wissen? Für einige von ihnen hat das Projekt einen kolonialen Beigeschmack. „Ich mag die Idee nicht, dass ein Ausländer Geld springen lässt und dafür als Retter der Kunstwelt gilt“, zitiert die südafrikanische „Sunday Times“etwa einen Kapstadter Galeriebesitzer.
Zeitz weist die Kritik zurück. „Ich denke, alle Projekte dieses Ausmaßes und dieser Einzigartigkeit werden von jenen begleitet, die etwas länger brauchen, um zu verstehen, was wir hier versuchen.“Zeitz sieht sich selbst als „Beschleuniger“. Mit Partnern will er eine Kulturinstitution auf die Beine stellen, wie es sie in den vergangenen 100 Jahren in Afrika nicht gab.
„Wir sorgen dafür, dass das Museum aufrecht dasteht. Damit erlauben wir dem Kontinent, seinen eigenen Dialog zu starten, Außenstehende zu inspirieren und afrikanischen Künstlern endlich die Bühne zu bieten, die sie verdienen.“