Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hohe Nachfrage, knappes Angebot
Gewerbeflächen sind nicht nur in Städten gesucht – Auch in ländlichen Regionen steigt das Interesse vor allem von ITK-Firmen
Die Bauwirtschaft boomt. Vor allem der Wohnungsbau verzeichnet starke Zuwächse. Er profitiert von der guten Konjunktur genauso wie von den niedrigen Zinsen sowie Wanderungsbewegungen in Ballungsräume mit steigender Wohnungsnot. Das trifft auch den gewerblichen Bereich, der massiv in Wettbewerb mit dem Wohnungsbau steht. Gewerbeflächen sind rar und teuer. Das gilt besonders für Ballungsräume wie die Region um Stuttgart, wo die Preise in den letzten Jahren deutlich nach oben gegangen sind, sich zuletzt aber etwas stabilisierten. „Verwertbare Objekte bleiben dort nicht lange auf dem Markt“, sagt Thomas Hofmann von Baden-Württemberg International (bw-i). Die landeseigene Gesellschaft begleitet internationale Unternehmen bei der Ansiedlung im Südwesten.
Wichtige Hinweise auf die weitere Entwicklung wird die Expo Real, die bedeutendste internationale Fachmesse für Immobilien- und Projektentwicklung, geben. Sie findet vom 4. bis 6. Oktober in München statt. Mehr als 1700 Aussteller und 45 000 Besucher aus 80 Ländern werden erwartet. Baden-Württemberg ist dort traditionell stark vertreten. Mit 61 Ausstellern und ihren Partnern ist auch das Land BadenWürttemberg mit einem Gemeinschaftsstand, den bw-i organisiert, dabei. Das Land hofft, auch vom bevorstehenden Brexit zu profitieren. „Mit dem Ausstieg der Briten aus der EU ergeben sich Chancen für den Standort Baden-Württemberg im Herzen Europas. Und da werden wir uns entsprechend positionieren“, sagt Hofmann.
Im Großraum Stuttgart dürften potenzielle Investoren kaum Erfolg haben. Denn dort gibt es gar keine Flächen mehr. „Wir sind ausverkauft“, sagt Walter Rogg, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, die die Stadt Stuttgart und fünf benachbarte Kreise vertritt, vor Beginn der Expo Real. Für Aufsehen sorgte erst vor wenigen Wochen eine Studie der IHK Region Stuttgart. Danach haben in den letzten vier Jahren fast 200 mehr Unternehmen die Stadt verlassen als neue von auswärts gekommen sind. Damit hat sich ein schon vorher bestehender Trend verstärkt. Rogg sieht erheblichen Handlungsbedarf, Gewerbeflächen zu aktivieren. Doch angesichts der bestehenden Wohnungsnot stellen sich Gemeinde- und Stadträte häufig gegen neue Gewerbegebiete und wollen lieber neue Wohngebiete.
Glücklicherweise besteht Baden-Württemberg nicht nur aus Stuttgart. In anderen Regionen sieht es besser aus. Und das Interesse ist groß. bw-i registriert derzeit sehr viele Anfragen. Allein aus dem Ausland siedelten sich im vergangenen Jahr 449 Investoren in BadenWürttemberg an. Das sind nicht immer Riesenprojekte. „Oft ist das auch nur ein Büro“, erklärt Hofmann. Schwierig sei es besonders, unbebaute Gebiete, sogenannte Green Fields, für großflächige Ansiedlungen zu finden. Besonders stolz ist Hofmann auf zwei große Projekte von Bosch sowie eines des Online-Versandhändlers Zalando in Lahr. Eher vorhanden sind laut Hofmann Bestandsimmobilien, etwa leerstehende Hallen.
Dabei gibt es generell große Unterschiede innerhalb des Landes. „Einfacher als in Ballungsgebieten wie Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Freiburg oder Ulm ist es in ländlichen Regionen“, weiß er. Viele Ansiedlungen seien auch kundenund lieferantengetrieben. Typisch sei hierfür etwa der Wunsch eines Autozulieferers, sich möglichst nah an einem Autohersteller anzusiedeln. Das sei bisweilen schwierig, weil die Flexibilität solcher Investoren dann relativ gering sei. Es komme hinzu, dass bei einem Modellwechsel bisweilen mehrere Lieferanten ausgetauscht würden und ein Grundstück suchten. Hofmann stellt fest, dass die Nachfrage von Investoren aus der Dienstleistungsbranche sowie dem IKT-Bereich (Informationsund Kommunikationstechnologie) zuletzt besonders groß war. Erst dann folgten Maschinenbau, Autoindustrie, Metallbearbeitung und Medizintechnik.
Die große Nachfrage schlägt sich selbstverständlich auch in den Preisen nieder. So steigen die durchschnittlichen Preise von Bauland je nach Baulandart kontinuierlich an. Nach Angaben des Statistischen Landesamts in Stuttgart zogen die Preise je Quadratmeter von 2014 auf 2015 von 163,13 auf 171,90 Euro an. Besonders drastisch fiel der Anstieg bei Industrieland aus: nämlich von 93,46 Euro auf 138,60 Euro. Dabei gibt es große regionale Unterschiede, speziell zwischen städtischen Ballungsräumen wie Stuttgart und eher ländlichen Regionen wie Ostwürttemberg.