Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Im Visier der Fahnder
Der Zoll stellt jedes Jahr rund 1400 Anwärter an – Sie erwartet ein spannendes, vielfältiges Aufgabenspektrum
Den Zoll haben viele Schulabgänger als Arbeitgeber gar nicht auf dem Schirm. Dabei stellt er jedes Jahr rund 1400 junge Menschen für eine Ausbildung ein. Die Perspektiven in der großen Behörde reichen von klassischen Bürojobs bis zur Verbrecherjagd.
Kontrollen am Flughafen oder Bekämpfung von Drogenschmuggel: Wer den Begriff Zoll hört, dem kommen häufig solche Bilder in den Sinn. Schließlich lassen sie sich im Fernsehen besonders gut rüberbringen, sagt Andreas Höhl, Ausbildungsleiter beim Hauptzollamt in Koblenz. Doch die Auszubildenden, beim Zoll Anwärter genannt, erfahren schnell, dass das Aufgabenspektrum viel größer ist.
So ging es auch Madlen Jakob. Die 21-Jährige absolviert beim Zoll gerade den zweijährigen Vorbereitungsdienst für den mittleren Dienst. „Man sollte auf jeden Fall offen sein, sich auf Bereiche einzulassen, die man vorher noch nicht kennt“, sagt sie. Auch für sie gab es Überraschungen: „Ich wusste nicht, dass der Zoll so viel mit Schwarzarbeit zu tun hat.“
Die Anwärter lernen beim Zoll alle Arbeitsbereiche kennen: So kontrolliert der Zoll etwa den Warenverkehr über die Grenze. Bestellt sich jemand ein paar Schuhe im Ausland, prüft der Zoll, ob es sich um Fälschungen handelt. Anwärter lernen, Zollanträge zu bearbeiten und Waren, Verkehr und Gepäck zu kontrollieren.
Im Vollzugsdienst sind die Beamten immer auf Achse und kontrollieren zum Beispiel Unternehmen auf unangemeldete Beschäftigte. Der Zollfahndungsdienst ermittelt schwerpunktmäßig in der Zigarettenund Rauschgiftkriminalität, zu Produktpiraterie sowie bei ANZEIGEN Straftaten im Bereich Zölle und Außenwirtschaftsrecht. Weniger bekannt ist alles, was am Schreibtisch passiert: Für den Staat erhebt der Zoll unter anderem die Tabak- und Energiesteuer.
Bei ihrer letzten Station, der sogenannten Ahndung, konnte Madlen Jakob anhand von Akten selbst Fälle prüfen – beispielsweise, wenn Empfänger von Arbeitslosengeld Nebenverdienste nicht gemeldet hatten. Anwärter dürfen nicht nur richtig mitarbeiten, sagt Andreas Höhl. „Das wird bei uns sogar gefordert.“
Wer zum Zoll möchte, muss die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen oder EU-Bürger sein. „Außerdem braucht es die grundsätzliche Bereitschaft, Waffen und Dienstkleidung zu tragen und im Schichtdienst zu arbeiten“, sagt Höhl. Auch ein Sportabzeichen in Bronze ist im mittleren Dienst Pflicht.
Duales Studium möglich
Hinzu kommt der richtige Schulabschluss: Madlen Jakob hat zwar Abitur, entschied sich aber trotzdem für den mittleren Dienst, für den ein Realschulabschluss Voraussetzung ist. Für das dreijährige duale Studium im gehobenen Dienst brauchen Bewerber Abitur oder Fachhochschulreife.
Pro Jahr stellt der Zoll bundesweit 900 Auszubildende im mittleren und 500 Nachwuchskräfte im gehobenen Dienst ein. „Viele junge Menschen haben nicht auf dem Schirm, dass wir so ein großer Arbeitgeber sind“, sagt Linda Kosmalla, bei der Generalzolldirektion in Bonn zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. In den vergangenen Jahren sei der Bedarf an Nachwuchskräften enorm gestiegen – auch durch das erweiterte Aufgabengebiet.
Seit zwei Jahren zieht die Behörde zum Beispiel auch die Kraftfahrzeugsteuer ein und kontrolliert den flächendeckenden Mindestlohn. Auch in den anderen Bereichen wird die Arbeit nicht weniger, beim grenzüberschreitenden Drogenschmuggel von Kokain und Crystal Meth zum Beispiel.
Zudem gehen in den kommenden zehn Jahren 40 Prozent der Mitarbeiter in den Ruhestand, sagt Thomas Liebel, stellvertretender Vorsitzender der BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft: „Der demografische Faktor schlägt bei uns voll durch.“Inzwischen bilde der Zoll so viele junge Menschen aus, dass es Engpässe bei Räumen und Lehrenden gibt.
Beamte auf Lebenszeit
Im mittleren Dienst beträgt das Einstiegsgehalt als Zollsekretär 2250 Euro im Monat. Als Anwärter im mittleren Dienst bekomme man 1150 Euro pro Monat, im gehobenen 1200 Euro. Auch wenn diese Zahlen nicht mit der freien Wirtschaft mithalten könnten: Die Sicherheit sei ein wichtiges Argument. Drei Jahre nach der Ausbildung werden die Absolventen Beamte auf Lebenszeit. Wer die Laufbahnprüfung besteht, kann in der Regel beim Zoll bleiben, sagt Linda Kosmalla. „Ich habe noch niemanden erlebt, der nicht übernommen wurde.“
Einfach ist der Vorbereitungsdienst aber nicht. „Wir brauchen Leute wie dich, die etwas leisten wollen und vollen Einsatz bringen“, heißt es vielsagend auf der AusbildungsWebseite des Zolls. Im ersten halben Jahr erhalten die Anwärter für den mittleren Dienst eine theoretische Ausbildung, in der die rechtlichen Grundlagen eine große Rolle spielen – mit anschließenden Klausuren. „Ich kannte mich damit vorher gar nicht aus“, sagt Madlen Jakob. Trotzdem habe sie alles gut verstanden. Erst danach folgt die einjährige Praxisphase an einem von 42 Ausbildungsstandorten. (dpa)
Die Ausbildungs-Webseite des Zoll findet sich unter http://dpaq.de/w2IvI