Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
SPD-Hoffnung
Ob mit Schutzbrille in einer Gießerei, im Motorradwerk auf einer imposanten Maschine oder vor Gewerkschaftern als Mindestlohn-Ministerin: Andrea Nahles hat in den vergangenen vier Jahren als Chefin des Arbeitsministeriums ihrem früheren Image als SPD-Haudrauf mit Hang zur Nervensäge entgegengewirkt. Obwohl sie in ihrem Wahlkreis in Ahrweiler das Direktmandat deutlich verpasste und nur über die Liste in den neuen Bundestag einzieht, soll sie nun ihre Partei mit neu aufbauen: Die 47-Jährige gilt als Favoritin für den Fraktionsvorsitz.
Als Ministerin wird Nahles auch beim Koalitionspartner und in der Wirtschaft respektiert. Die Legislaturperiode der Großen Koalition wurde von Nahles’ Rentengesetzen umrahmt, von der Rente mit 63 am Anfang und der Ost-West-Angleichung am Ende. Mit dem Mindestlohn führte sie eine fundamentale sozialpolitische Neuerung ein – und festigte den Anspruch der SPD als Fürsprecher auch ärmerer Arbeitnehmer.
Dass die Katholikin keineswegs nur links ist, zeigte sich im Ministeramt rasch. Ob bei der Betriebsrentenreform oder ihrem komplizierten Gesetz gegen Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen: Tarifverträge und sozialpartnerschaftliches Aushandeln liegen dem IG-Metall-Mitglied näher, als dass der Staat selbst alle Dinge in die Hand nimmt.
Nahles ist SPD-Frau der ersten Stunde in ihrem Heimatort Weiler, sie war JusoChefin, Bundestagsabgeordnete, Partei-Vizechefin und Generalsekretärin. Nun könnte sie aus der Sachpolitik zurück in die Parteiführung kehren. (dpa)