Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Eine Region blutet aus
Abspaltung treibt zahlreiche Unternehmer in die Flucht
MADRID (ze) - Jeder Tag, den der katalanische Unabhängigkeitskonflikt andauert, ist ein schwarzer Tag für die Wirtschaft Kataloniens. Hunderte Unternehmen, darunter die größten und bekanntesten dieser bisher wirtschaftlich so erfolgreichen spanischen Region, kehrten Katalonien bereits den Rücken. Seit dem 1. Oktober, dem Tag des einseitigen und illegalen Unabhängigkeitsreferendums, haben mehr als 800 Firmen die Koffer gepackt.
Alle abwandernden Unternehmer eint die gleiche nachvollziehbare Sorge: Dass die wachsende politische Instabilität und rechtliche Unsicherheit in der Region ihre Geschäfte schädigen könnte. Zumal die EUKommission keinen Zweifel daran ließ, dass Katalonien im Falle der Unabhängigkeit von Spanien erst einmal aus der Eurozone und der Europäischen Union ausscheiden würde.
Mit einem „Katalexit“würde Katalonien auch die Zoll- und Handelsfreiheit des EU-Binnenmarktes verlieren. Dem wollen immer mehr Konzernchefs durch einen Umzug ihrer Zentralen in sicherere spanische Regionen vorbeugen. Lieber Sicherheit statt separatistische Abenteuer, deren Folgen nicht absehbar sind, sagen sie.
Den Träumen der Separatistenregierung in Barcelona von einer erfolgreichen katalanischen Republik, in der es den Menschen besser geht als unter dem Dach des spanischen Königreichs, könnte ein böses Erwachen folgen. Auch weil das Urlaubsgeschäft, Kataloniens wichtigstes Wirtschaftsstandbein, massiv einbricht. Auf rund 20 Prozent bezifferte die Reisebranche den Touristenrückgang. Wenn der Konflikt nicht bald gelöst werde, könnte es noch weiter abwärts gehen, heißt es pessimistisch. „Urlauber suchen Sicherheit und keine Probleme“, sagte ein Sprecher.
Auch der aktualisierte Reisehinweis der deutschen Regierung wirkt wenig beruhigend: „In Katalonien bleibt die Lage weiter volatil und angespannt. Abhängig von den Schritten der Regionalbehörden und des Zentralstaats kann es jederzeit zu Protestaktionen und gewaltsamen Auseinandersetzungen kommen.“
Die Separatismusfahrt des katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont könnte also nicht nur weitere Spannungen, sondern auch einen ökonomischen Crash bringen. Schon jetzt ist absehbar, dass Katalonien seine Rolle als iberische Wirtschaftslokomotive verlieren wird. Ganz unabhängig davon, ob das Ziel der Unabhängigkeit erreicht wird oder nicht.