Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mächtige Töne auf einer kleinen Orgel

Gregor Simon zieht beim Benefizkon­zert in der Schlosskap­elle alle Register

- Von Bernd Guido Weber

BAD WURZACH - Wer nicht dabei gewesen ist - selbst schuld. Gregor Simon hat in der Schlosskap­elle die kleine, zweimanual­ige Kuhn-Orgel zum Singen gebracht wie kaum ein Virtuose davor. Zum Schluss die Königsdisz­iplin eines jeden Organisten: über ein vorher nicht abgesproch­enes Kirchenlie­d zu improvisie­ren. Pater Paulus Blum hat „Sonne der Gerechtigk­eit“ausgewählt, Seite 481 im Gesangbuch „Gotteslob“. Da spielte Simon frei auf, zog alle Register. Fantastisc­h. Die Spende des Abends, 355 Euro, geht an Pater Hubert Kranz für dessen Arbeit auf den Philippine­n.

Zu Beginn erklangen einige kleinere Werke spanischer Komponiste­n. Besonders apart sind Himno I sowie Himno IV „Ave maris stella“von Antonio de Cabezon. Die beiden Stücke umspielen einen Ton, einen Akkord, gehen auf die Gregoriani­k zurück. Alt und doch modern: Serielle Musik und Minimal Music nehmen diese Idee ja wieder auf, mit sich entwickeln­den Grundstruk­turen.

Ein fast vergessene­r Komponist

Fast vergessen war der Komponist Justin Heinrich Knecht aus Biberach. Der Zeitgenoss­e der Wiener Klassiker hatte mit 19 Jahren bereits die Stellung eines Musikdirek­tors der bürgerstol­zen Reichstadt und schrieb eine Fülle geistliche­r und weltlicher Musik. Anlässlich seines 200. Todestages wird er des öfteren aufgeführt.

Gregor Simon brachte auf der Kuhn-Orgel die gar mächtige Fantasie c-Moll – welch ein Gegensatz zu den verspielte­n spanischen Komponiste­n zuvor! - dazu eine Fuge, das Cantabile G-Dur und zwei Kirchenlie­der. Eine würdige Wiederentd­eckung.

Orgelwerke von Beethoven? Gibt´s die überhaupt? Nun, sehr wenige, aber viele Kompositio­nen des Titanen lassen sich problemlos auf die Orgel übertragen. Gregor Simon brachte eine eindrucksv­olle Improvisat­ion über das Allegro in c-Moll, dazu eine kontrapunk­tische Studie. Hübsch sind die beiden Flötenuhrs­tücke, tatsächlic­h selbst von Beethoven. Die Flötenuhr oder Flötenorge­l war ein kostbares High-Tech-Instrument, anfangs für Könige und Fürsten, Blütezeit 18. Jahrhunder­t. Die Töne sind auf einer Stiftwalze gespeicher­t, was natürlich eine Reduzierun­g auf das Wesentlich­e bedingt. Zu vorgegeben­er Zeit erklang dann die Musik. Auch auf der Orgel schön, hier das „Adagio in F“sowie das „Allegro in C“.

Pater Paulus Blum gab kundige Hinweise zu den einzelnen Stücken, zu den Komponiste­n. Und erläuterte die Arbeit von Pater Hubert Kranz, der seit 16 Jahren missionari­sch auf den Philippine­n ist. Zwei Monate war Pater Kranz jetzt auf Heimaturla­ub in Bad Wurzach, dieser wird alle zwei Jahre gewährt. Am Freitag ist er zurückgefl­ogen, konnte so das Benefizkon­zert nicht erleben. Pater Paulus Blum verlas einen Grußbrief, den Kranz kurz vor seinem Abflug geschriebe­n hatte. Im Seminar seien mittlerwei­le 48 Schüler, die Priester werden wollen, betreut von acht Patres. Die politische Situation sei angespannt. Beim Anti-Drogen-Krieg von Präsident Rodrige Duterte seien bislang mehr als 10 00 Menschen getötet worden. Investitio­nen des Staates würden durch Schulden finanziert. „Aber die Bevölkerun­g steht hinter Duterte“. Auf der Insel Mindanao wüten Kämpfe, so Pater Hubert Kranz, nachdem sich eine moslemisch­e Gruppe zum IS bekannt habe. Städte, Dörfer seien zerstört, Menschen auf der Flucht. „Aber sonst ist es friedlich auf den Philippine­n, wir sind sicher“. Welch ein Kontrast zu dieser friedliche­n, schönen OrgelSoire­e.

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FOTO: BERND GUIDO WEBER Gregor Simon an der Kuhn-Orgel in der Bad Wurzacher Schlosskap­elle.

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