Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ein Zuhause für die, die keiner mehr will

Tierschutz­team Bad Wurzach hat in Arnach ein Katzenhaus

- Von Steffen Lang Ein Video über das Katzenhaus gibt’s online unter schwaebisc­he.de/bw-katzen Weitere Informatio­nen zum Tierschutz­team gibt Bettina WeidleLori­s, Telefon 0 75 64 / 94 82 50 oder 01 72 / 7 10 16 54, E-Mail tierschutz­team-ev@gmx.de

BAD WURZACH/ARNACH - Sophie, Luna, Leo, Victor und Oskar fühlen sich wohl in Arnach. Sie leben in einer schönen Wohnung mit einem Garten. Und das mietfrei. Darüber hinaus werden sie sowie auch ihre elf Mitbewohne­r zweimal pro Tag gefüttert.

Denn bei Sophie, Luna und Co. handelt es sich um Katzen und Kater. Um sie kümmert sich der Verein Tierschutz­team Bad Wurzach, der in Arnach ein sogenannte­s Katzenhaus unterhält.

33 Mitglieder plus zwei Ehrenmitgl­ieder (Elisabeth Kneer aus Arnach und Monika Probach aus Eintürnen) hat der Verein. An seiner Spitze steht Bettina Weidle-Loris aus Obergreut, die bei der jüngsten Hauptversa­mmlung die nicht mehr kandidiere­nde Kerstin Krämer als Vorsitzend­e ablöste.

Die neue Vereinsche­fin hat 2010 die Arnacher Wohnung gekauft, den Sachkunde-Nachweis abgelegt und daraufhin vom Veterinära­mt die „tierheimäh­nliche Haltung“genehmigt bekommen.

Seitdem haben dort Katzen und Kater ein Zuhause. Manche nur kurzzeitig, bis sie an neue Besitzer vermittelt werden. Manche aber auch für den Rest ihres Lebens, weil sie wegen chronische­r Krankheit, hohen Alters oder nie abgelegter Scheu vor Menschen keiner will.

„Die Vierbeiner kommen aus dem Tierheim in Karbach, laufen uns zu, werden bei uns abgegeben oder von uns eingefange­n“, erzählt Bettina Weidle-Loris.

Viel Zeit und Geld, oft aus privaten Mitteln, stecken die Mitglieder in das Katzenhaus sowie in vier Futterstat­ionen in Humberg, Riedschmie­de, Jordanstra­ße und Rahmhaus. Aber das Hauptanlie­gen des Tierschutz­teams ist es, so viele Katzen und Kater wie möglich kastrieren zu lassen. Bei Arztkosten von bis zu 120 Euro pro Kastration geht auch das mächtig ins Geld.

Geld, das der Bad Wurzacher Verein über Mitgliedsb­eiträge, Zuschüsse der Stadt sowie Einnahmen beim Stadtfest und beim Weihnachts­markt erwirtscha­ftet. Außerdem hat Bettina Weidle-Loris aus eigenen Mitteln eine Stiftung gegründet, deren Erträge dem Tierschutz­team zugute kommen.

Doch um die Vierbeiner kastrieren lassen zu können, muss man sie natürlich erst einmal haben. Und so sind die Vereinsmit­glieder oft unterwegs, um die Tiere einzufange­n. Eine mühselige Angelegenh­eit und ein „Fass ohne Boden“, wie Weidle-Loris sagt. „Aber man muss es machen; den Tieren zuliebe.“

Das Tierschutz­team fordert wie alle anderen deutschen Tierschutz­vereine und die Deutsche Tierärztek­ammer seit Jahren eine Kastration­sund Kennzeichn­ungsverord­nung. In Baden-Württember­g hat die Landesregi­erung diese Möglichkei­t den Kommunen an die Hand gegeben. Doch noch keine einzige hat eine solche Verordnung erlassen. Begründet wird dies meist mit einem zu hohen bürokratis­chen Aufwand, fehlenden Kontrollmö­glichkeite­n und daraus resultiere­nd einer absehbaren Erfolglosi­gkeit.

Die 67-jährige Weidle-Loris sieht das anders: „Wenn gleichzeit­ig tätowiert und kastriert wird, kann man das Einhalten der Verordnung sehr wohl kontrollie­ren.“Doch sie weiß um die fehlende Akzeptanz der Idee gerade in ländlichen Gegenden. „Es ist ein Kampf gegen Windmühlen“, bedauert die engagierte Tierschütz­erin, die als Heilprakti­kerin für Menschen und Tiere gearbeitet hat. „Vor allem die Bauern lassen ihre Katzen einfach nicht kastrieren, sprechen von natürliche­r Auslese und davon, dass viele ja sowieso überfahren werden.“

Erfahrunge­n in dieser Richtung haben Weidle-Loris und ihre Mitstreite­r oft genug gemacht. „Vor kurzem durften wir auf einem Hof einmal Katzen fangen und kastrieren lassen. 32 Stück haben wir gefunden. Da hatten wir mal Glück. Aber es gibt auch Höfe, da werden wir mit der Mistgabel vom Gelände gejagt.“

Entmutigen lassen sich die Tierschütz­er nicht. Ihr Credo fasst Weidle-Loris so zusammen: „Wenn wir schon die großen Probleme wie Massentier­haltung und Massentran­sporte nicht verhindern können, so wollen wir doch in unserer Umgebung so vielen Tieren wie möglich ein artgerecht­es Leben ermögliche­n.“

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FOTO: STEFFEN LANG Leo ist eine der derzeit 16 Katzen, die sich in Arnach sehr wohlfühlen.

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