Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Mehr Technik für die Pflege(r)
Hochschule Kempten ist an Forschung für das Projekt „Care Regio“beteiligt
KEMPTEN - Bayerisch-Schwaben soll zu einer deutschlandweiten Spitzenregion im Bereich der Pflege werden. Das Projekt mit dem Namen „Care Regio“wird vom Freistaat während der kommenden fünf Jahre mit insgesamt 7,5 Millionen Euro gefördert. Es ist Teil eines „Masterplans zur Digitalisierung“in Bayern.
Ziel von „Care Regio“sei es, „Ideen und Technologien zu entwickeln, wie Pflegekräfte und pflegebedürftige Menschen mit technisch-digitalen Systemen oder Prozessen unterstützt werden können“, sagt der Memminger CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Holetschek. Er hatte sich dafür eingesetzt, das Projekt in die Digitalisierungsstrategie des Freistaates aufzunehmen und in Schwaben zu verankern. Die Hochschulen Kempten, Augsburg und Neu-Ulm sowie die Universität Augsburg und das Klinikum Augsburg sind Partner.
Zu wenig Personal
Schon jetzt gibt es zu wenig Personal im Pflegebereich – manche Pflegeeinrichtungen im Allgäu können beispielsweise nicht mehr alle Betten belegen, da ihnen qualifizierte Mitarbeiter zur Betreuung fehlen. Angesichts der demografischen Entwicklung mit einer immer älter werdenden Gesellschaft dürfte sich das Problem verschärfen. „Ein Baustein, diesem Mangel zu begegnen, ist es, die Pflegekräfte bei ihrer teils auch körperlich schweren Arbeit zu entlasten“, sagt Holetschek. Bei einer Reise nach Japan hat er elektronische „Muskelmaschinen“gesehen, die das Heben erleichtern. Andere digitale Hilfsmittel könnten die Pflegebedürftigen im Alltag entlasten.
Der Verbund der schwäbischen Wissenschaftler soll in „Care Regio“die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich intensivieren. Dabei sollen Pflegeeinrichtungen, Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleister eingebunden werden, berichtet Prof. Petra Friedrich von der Hochschule Kempten, die den Verbund koordiniert. „Wir wollen Pflege neu denken, stationär und ambulant“, sagt sie. Ziel sei es, Assistenzsysteme zum Wohnen und zur Mobilität zu entwickeln, beispielsweise einen Rollstuhl, der Treppen überwinden kann. Oder eine Wohnung, in der technische Einrichtungen die medizinischen Daten der Bewohner automatisch erfassen und an Ärzte oder Therapeuten weiterleiten. Auch die Frage, wie der Informationsfluss zwischen den vielen verschiedenen Anlaufstellen im Pflegebereich verbessert werden kann, soll untersucht werden. Die Liste lässt sich fortsetzen: In Japan hat man beispielsweise gute Erfahrungen mit Robotern gemacht, die mit Demenzkranken kommunizieren. An so etwas wird auch in Kempten schon geforscht.
Ziel sei es jedoch nicht, Menschen durch Technik zu ersetzen, sagt Prof. Friedrich: Es gehe darum, Freiräume für menschliche Zuwendung zu schaffen. Das sieht auch Holetschek so: „Der Mensch ist und bleibt der entscheidende Maßstab für die Qualität der Versorgung.“