Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Spätes Tor ins Stuttgarter Herz
VfB muss sich nach unten orientieren – Nagelsmann-Elf bleibt an der Spitzengruppe dran
SINSHEIM (dpa/SID/falx) - Holger Badstuber machte nach Abfiff seinem Ärger lautstark Luft – immer wieder schimpfte der Verteidiger seine Wut dem Sinsheimer Himmel entgegen. Doch alles nützte nichts mehr. Nach dem wenig glanzvollen 1:0 (0:0)-Sieg der TSG Hoffenheim gegen den VfB kommen die Abstiegsplätze für die Stuttgarter immer näher.
„Wir sind gut in das Spiel gekommen. Wir haben in der 2. Halbzeit defensiver umgestellt, haben viele Zweikämpfe gewonnen. Wir haben es aber nicht geschafft, offensiv etwas zu entwickeln“, sagte VfB-Trainer Hannes Wolf. „Es hat in einigen Aktionen das Glück gefehlt. Dass wir am Ende wieder mit leeren Händen dastehen, ist extrem bitter“, ergänzte Sportvorstand Michael Reschke. Zuvor war der Druck auf die VfB-Abwehr erst in der 81. Minute zu groß geworden: Den Versuch von Pavel Kaderabek konnten die Gäste noch von der Torlinie kratzen, im Nachsetzen hatte Mark Uth aus fünf Metern keine Mühe. Nicht nur deshalb sagte Hoffenheimer Mehrheitseigner Dietmar Hopp nach dem siebten Saisonerfolg erleichtert: „Es gibt auch glückliche Siege.“Damit hielten die Kraichgauer den Anschluss zur Spitzengruppe der Bundesliga. Die Abstiegssorgen des VfB werden nach vier Spielen ohne Sieg dagegen immer größer. Nun fordert der Aufsteiger am Samstag auch noch Rekordmeister FC Bayern München.
Für die Sinsheimer war es dagegen ein schmeichelhafter Sieg inmitten der leidigen Dauer-Diskussion um Julian Nagelsmann. Nagelsmanns Name war seit der Entlassung von Peter Bosz als BVB-Trainer noch häufiger als ohnehin schon gefallen. Die jüngsten Gerüchte heizte zudem Hopp höchstpersönlich an, als er auf der Jahreshauptversammlung eine Ausstiegsklausel (2019) im bis zum 30. Juni 2021 gültigen Vertrag bestätigte. Zudem war es ein gefundenes Fressen, dass Nagelsmann am Dienstag die Partie des BVB in Mainz beobachtete – offiziell natürlich, weil die TSG am Samstag (18.30 Uhr/Sky) in Dortmund antritt.
Immerhin berichtete Nagelsmann vor dem Baden-Württemberg-Derby am Sky-Mikrofon, dass er „Stand jetzt“auch in der kommenden Spielzeit die Hoffenheimer betreuen werde. Sandro Wagner wird dann wohl längst weg sein: Der Nationalspieler, der im Winter voraussichtlich zu den Bayern wechselt, fehlte wegen Trainingsrückstands nach Adduktorenproblemen. Das machte sich auch im Spiel bemerkbar, die Gastgeber traten offensiv kaum in Erscheinung.
VfB bleibt im Angriff harmlos
Allerdings zeigten die giftig agierenden Stuttgarter, warum es ihnen momentan an Treffsicherheit mangelt und ihnen in den letzten drei Spielen nur ein Tor gelang: Berkay Özcan lief in der vierten Minute alleine auf Oliver Baumann zu, scheiterte aber am Hoffenheimer Keeper.
Als das Publikum angesichts der dürftigen Darbietung schon lautstark seinen Unmut bekundete, gab Nationalspieler Serge Gnabry (31.) für Hoffenheim den ersten Torschuss ab. Mit seinem Versuch nach einer schönen Einzelleistung verfehlte er die Führung aber um Zentimeter. Mit dem Wiederbeginn der durchschnittlichen Partie übernahm Hoffenheim die Kontrolle – dies bedeutete freilich nicht, dass nun auch eine Angriffswelle nach der anderen auf den VfB zurollte. Auf die wenig inspirierten Aktionen konnte sich die Stuttgarter Hintermannschaft um den aufmerksamen Badstuber prima einstellen – bis Mark Uth zuschlug. Trotzdem befand Reschke: „Die Mannschaft hat definitiv einen Entwicklungssprung gemacht, auch wenn die letzten drei Spiele verloren gegangen sind. Wir sind auf einem vernünftigen Weg.“
Diesen muss der VfB zumindest kurzfristig wohl aber ohne Chadrac Akolo und Anastasios Donis gehen, die in Sinsheim früh ausgewechselt werden mussten. Donis hatte sich an der Gesäßmuskulatur verletzt, Akolo hatte starke Schmerzen im Brustbereich. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Zeit reicht“, sagte VfBTrainer Hannes Wolf mit Blick auf Donis und das anstehende Spiel. Auch bei Akolo werde die Zeit knapp, ergänzte der Coach.
Hoffenheim: Baumann - Posch, Vogt, Benjamin Hübner - Kaderabek, Geiger (61. Grillitsch), Schulz - Demirbay, Rupp (66. Kramaric) Uth, Gnabry (77. Szalai). – Stuttgart: Zieler - Pavard, Badstuber, Baumgartl - Beck, Ascacibar, Gentner, Emiliano Insua - Akolo (37. Brekalo), Berkay Özcan (80. Aogo) - Donis (26. Asano). – Tor: 1:0 Uth (81.). – Zuschauer: 30 150 (ausverkauft). – Beste Spieler: Gnabry, Uth - Badstuber, Gentner.