Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
SPD willigt zögernd in GroKo-Sondierungen ein
Martin Schulz will alles besser machen: „Bei uns wird es keine Balkon-Bilder geben“
BERLIN - Die SPD sei wie die Braut, die sich nicht traut, lästert bereits Linken-Chef Bernd Riexinger. Nun hat die SPD Ja gesagt, allerdings nur zu einer ersten Sondierung mit der Union. Und das ergebnisoffen. Das heißt, die Braut verspricht, mal genauer hinzuschauen und es sich zu überlegen.
So zögernd die Genossen eingewilligt haben, so straff kommt jetzt der Terminplan daher. Wenn es geht, will man schon in der nächsten Woche erste Gespräche führen und bis zum 11. Januar mit der Sondierung fertig sein. Dann soll der Vorstand eine Empfehlung abgeben und am 14. Januar ein Sonderparteitag darüber entscheiden.
Aufgeräumt und fröhlich tritt SPD-Chef Martin Schulz nach Präsidiumsund Vorstandssitzung seiner Partei vor die Presse. Einstimmig seien ergebnisoffene Sondierungen beschlossen worden. „Ob es zu einer Regierungsbildung kommt, ist offen“, betont Schulz. Denn man wolle auf jeden Fall eine andere Regierungskoalition und kein „Weiter so“.
Der SPD-Parteitag in Berlin hatte vor einer Woche unmissverständlich klargemacht, dass die Widerstände in der Partei gegen eine neue Große Koalition groß sind. Immer wieder wurde gefordert, auch andere Optionen zu prüfen, wie zum Beispiel die Tolerierung einer Minderheitsregierung.
Martin Schulz kennt diese Stimmung, er hat sie sogar selbst mit angeheizt, als er auch nach dem Scheitern von Jamaika weiterhin eine Große Koalition ausschloss. Da hatten viele in der Bundestagsfraktion bereits große Zweifel, ob die SPD sich im Ernst einer Regierungsbildung weiterhin verweigern könnte.
Martin Schulz betont deshalb, dass alles anders werden soll. „Bei uns wird es keine Balkon-Bilder geben, kein Winken huldvoll vom Balkon, auch kein Twittern“, so Schulz. Schließlich wolle die SPD eine Erneuerung in vielen Bereichen und werde zielorientiert sondieren.
Baden-Württembergs SPD-Chefin Leni Breymaier hat den Beschluss unterstützt, Sondierungsgespräche mit der Union zu führen, „und zwar konstruktiv und weiterhin ergebnisoffen, ausdrücklich“, sagt sie.
Weihnachtsferien abgesagt
Dazu wurde eine zwölfköpfige Sonderkommission der Partei gebildet, Andrea Nahles als Fraktionschefin gehört ebenso dazu wie die sechs Stellvertreter von Schulz, aber auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, ein großer Verfechter einer neuen Großen Koalition, der in Niedersachsen ein Bündnis mit der CDU anführt. Auch Anke Rehlinger, stellvertretende Ministerpräsidentin und Juniorpartnerin der CDU im Saarland, gehört dazu, ebenso Mike Groscheck, der NRW-Landeschef, der allmählich vom strikten Nein zur Großen Koalition abrückt, dessen gewichtiger Landesverband aber viele Forderungen stellt.
„Die Weihnachtsferien sind abgesagt, aber es geht ja auch um viel“, meint Parteichef Martin Schulz. Und er verspricht, dass man die unterschiedlichen Modelle „gleichrangig“beraten werde. Zu den Modellen gehört neben der Tolerierung einer Minderheitsregierung auch eine Kooperations-Koalition, wie sie die Parteilinken vorgeschlagen hatten. Eine Koalition, die auf bestimmte Themen beschränkt sein soll. Doch auch Schulz definiert eine stabile Regierung als eine Regierung, „die sich auf eine parlamentarische Mehrheit stützt, die ihr Handlungsfähigkeit garantiert“.
Was aber sind die Kernpunkte der SPD für eine Regierungsbeteiligung der SPD? Schulz zählt fast alle Kernforderungen der SPD auf, von der guten Bildung über Sicherheit für Arbeitsplätze bis zu bezahlbaren Mieten, nur die Bürgerversicherung vergisst er. Zufall? Hier haben sich Unionsvertreter schon klar mit einer Absage positioniert.
Was für die SPD drin ist und was nicht, das sollen die Sondierungen zeigen, die nach dem Ja des Vorstands jetzt beginnen können. „Ja oder Nein – und wenn Ja wie – das kann nur anhand von Inhalten beurteilt werden“, sagt Breymaier.