Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Den Realitäten stellen“
Rektor Heinz Brünz hofft auf eine sachliche Diskussion über die Zukunft der Berufsschulstandorte
LEUTKIRCH - „Es wird etwas passieren. Veränderung muss sein“, sagt Heinz Brünz, der Leiter der Leutkircher Geschwister-Scholl-Schule (GSS) ganz pragmatisch und ruhig. Seine Stellvertreterin Gabriele Kallenbach-Blasen ergänzt: „Der Kreis muss weitsichtig handeln und planen, um möglichst viele Ausbildungsangebote in der Region zu halten.“– Sinkende Schülerzahlen an den fünf Berufsschulstandorten im Landkreis, vereinzelt viel zu kleine Klassen schon in den Eingangsstufen, zudem ein hoher Investitionsstau haben die Landkreisverwaltung auf den Plan gerufen, eine Strukturreform anzugehen. Reibungslos wird das aber nicht über die Bühne gehen. Das zeichnet sich bereits ab.
Solch eine Reform funktioniert erfahrungsgemäß nur nach dem Prinzip des Gebens und des Nehmens. Darauf weist unter anderem der Leutkircher Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle, der auch der CDU-Fraktion im Kreistag angehört, in einer Stellungnahme hin: „Durch den Rückgang der Schülerzahlen und die Vorgaben des Landes ist es notwendig, unsere Berufsschulen zukunftssicher aufzustellen. Das von der Kreisverwaltung vorgeschlagene Modell K2 ist ein sehr ausgewogener und guter Vorschlag. Bei diesem Modell profitiert unser Landkreis insgesamt am meisten, da dabei fast alle Ausbildungsberufe im Kreis gehalten werden können.“Henle schmerzt indes auch, dass am Standort Leutkirch Ausbildungsangebote wohl wegfallen werden. Sein Trost: „Wir werden aber im gewerblichen Bereich nachhaltig gestärkt und fit für die Zukunft gemacht.“
In der kommenden Woche wird der Kreistag bei seiner Sitzung am 19. Dezember in Waldburg die in den vergangenen Wochen erarbeiteten Entwürfe präsentiert bekommen. Kann der weitere Fahrplan eingehalten werden, soll wie berichtet schon am 25. Januar ein Schlussstrich unter die Diskussion gezogen werden. Vorher werden alle Berufsschulstandorte Besuch von den Kreistagsmitgliedern erhalten, Auftakt ist am 9. Januar in Leutkirch.
Schulleiter Brünz wird dann die Vielfalt des Angebots seiner Einrichtung mit aktuell 1350 Schülern präsentieren. Bei einer zügigen Entscheidung geht er davon aus, dass schon zum neuen Schuljahr hin erste Änderungen greifen werden. „Jugendliche, Eltern und Betriebe müssen Planungssicherheit erhalten.“
Etablierte Schulen erhalten
Starke Sympathie zeigt auch Brünz für das Modell „Kompetenzzentrum 2“, das die Kreisverwaltung empfiehlt. Allgemein hat er in einer Stellungnahme an Landrat Harald Sievers festgehalten: „Grundsätzlich betrachte ich alle Varianten unter dem Aspekt der nachhaltigen Zukunftssicherung der GeschwisterScholl-Schule (GSS), gewachsene und etablierte Schulen sinnvoll zu erhalten beziehungsweise zu ergänzen“. Die baldige Umsetzbarkeit besitze dabei einen hohen Stellenwert. Brünz legt Wert darauf festzustellen, dass seine Stellungnahme „mit allen Abteilungsleitungen“der Schule abgestimmt worden sei. „Die Diskussion ist ja nicht überraschend aufgekommen“, stellt auch Kallenbach-Blasen klar.
Schon im Jahr 2014 gab es in Leutkirch einen ersten Strukturwechsel mit der Zusammenlegung der Sophie-Scholl-Schule und der Gewerblichen Schule zur Geschwister-Scholl-Schule. „Die Fusion hat uns gestärkt“, blickt Brünz zurück. Auf diese Stärken setzt er. Dennoch, das geht aus der Bestandsaufnahme des Landkreises hervor, hat sich auch in Leutkirch in den vergangenen Jahren ein hoher Investitionsstau angesammelt – sowohl bei der Ausstattung der Schulräume, als auch bei der Gebäudesubstanz.
Mehr zu schaffen machen einzelnen Standorten in der Diskussion aber die angestrebten Verlagerungen einzelner Fachbereiche. Kommt Variante K 2, dann wird Leutkirch aufgewertet in den Berufsfeldern Kfz, Metall, Elektrotechnik und Bau. ANZEIGE
„Durch die Stärkung der einjährigen Berufsfachschule Elektrotechnik kann die Verbindung zur Ausbildung im Bereich Kfz deutlich werden. Elektrotechnik und Kfz passen durch die zunehmende Elektromobilität zusammen“, sagt Brünz. Nötige Investitionen müsse der Kreis bei diesem Konzept nur an einem Standort vornehmen.
Wolfgang Fürst, einer seiner Abteilungsleiter, weist darauf hin, dass sich Leutkirch in der Vergangenheit auch während der ersten beiden Berufsschuljahre als Standort für die Ausbildung im Bereich Nutzfahrzeuge bewährt habe. „Nur wir hätten räumlich auch die Möglichkeiten, das dritte Jahr zu übernehmen“, das bislang in Ulm absolviert wird.
Am Freitag kümmerte sich KfzMeister Helmut Kieble mit Auszubildenden der einjährigen Berufsfachschule aber um Themen wie das Zerlegen eines Getriebes, die Reparatur einer Kupplung oder den Ersatz für defekte Radlager an den Fahrzeugen, die in Leutkirch vorgehalten werden.
Manche Bereiche abgeben
Gut leben kann Brünz damit, dass in Leutkirch der Bereich der Pflegeausbildung konzentriert werden soll. Doch er muss sich mit seinem Kollegium auch auf Abgänge einstellen. So wird das Profil „Gesundheit“im Gesundheits- und Sozialwissenschaftlichen Gymnasium laut K 2 an die Außenstelle der Edith-Stein-Schule in Aulendorf abwandern. Hauswirtschaft soll in Ravensburg konzentriert werden. Der Standort Wangen soll unter anderem die Agrarwirtschaft komplett übernehmen und im kaufmännischen Bereich aufgewertet werden.
Brünz hofft, dass die weitere Diskussion sachlich und nicht zu emotional verläuft: „Wir alle, Schulträger und Schulleitungen, müssen uns doch den Realitäten stellen.“