Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Tempo 30 löst Kritik aus
In den Kommentaren im Internet findet sich wenig Zustimmung zur Leutkircher Verkehrspolitik
Im Internet Vorbehalte gegen Beschluss des Leutkircher Gemeinderats.
LEUTKIRCH - Wie geht es weiter mit der Verkehrsbelastung in Leutkirch? Nach dem jüngsten Beschluss des Gemeinderats, Tempo 30 auch auf weiteren Strecken in der Innenstadt einzuführen, fallen dazu sowohl auf „schwaebische.de“als auch auf Facebook die Kommentare überwiegend kritisch aus.
Mit 14:11 Stimmen war am Montagabend entschieden worden, an den schon 2016 beschlossenen Maßnahmen zum Lärmschutzplan festzuhalten. Auf mehreren Streckenbereichen soll jetzt auch tagsüber die Geschwindigkeit auf Tempo 30 reduziert werden. Die Verwaltung hatte zuvor mit dem Regierungspräsidium in Tübingen die rechtlichen Möglichkeiten abgestimmt.
„Luft nach oben“
Tempo 30, das lässt sich aus den Wortmeldungen ableiten, findet zumindest im Netz eher wenig Zuspruch. Ein Kommentar, der zum Beschluss verfasst worden ist, hält unter anderem fest: „In der Verkehrsplanung ist noch reichlich Luft nach oben.“Eine weitere Wortmeldung fällt krasser aus: „Die Verkehrssituation in Leutkirch wird immer schlimmer! Zuerst die neue Ampelschaltung, bei der man nun ewig wartet, dann Tempo 30 bei Nacht und nun dieser Schwachsinn. Dies wurde von Leuten beschlossen, die nicht jeden Tag mit dem Auto durch Leutkirch zur Arbeit fahren müssen.“
Eine Rolle spielt bei den Äußerungen auch eine jüngst vom ADAC veröffentlichte Studie, auf die ein Kommentar hinweist: „Die Verkehrssicherheit leidet nach Einschätzung des Clubs, dass der Schleichverkehr durch Wohngebiete dramatisch zunehmen werde, weil die Nutzung von Hauptverkehrsstraßen keinen Zeitgewinn mehr bringt.“Nachteile für die Umwelt entstünden demnach bei Tempo 30 auch durch das Fahren im niedrigeren Gang. Darauf hatte während der jüngsten Sitzung auch Simon Weiß (Unabhängige) hingewiesen. Der Kommentar im Internet lautet: „Natürlich können die Experten im Gemeinderat dies als Lobbyismus abtun, aber ein bisschen Ahnung haben die beim ADAC auch.“
Hart geht auch der Verfasser einer weiteren Reaktion zu dem Beschluss mit dem Gremium ins Gericht: „Die gesamte Verkehrssituation in Leutkirch
Die gesamte Verkehrssituation in Leutkirch ist schon seit 30 Jahren ein Schwachsinn. Ein Beitrag aus der Diskussion im Internet.
ist schon seit 30 Jahren ein Schwachsinn! Mehr kann man dazu nicht sagen! Alle vier Jahre kommen neue Stadträte dazu, aber scheinbar traut sich kein Mitglied, wie auch immer, so richtig an dieses Problem heran!“Gewählt (die Redaktion!) wird der Gemeinderat im Abstand von fünf Jahren.
„Die Tempo-30-Zonen wurden mal wieder ziemlich willkürlich ausgewählt.“So lautet der Tenor eines weiteren Kommentars. Der Verfasser meint: „Gibt es etwa von der Abzweigung Mühlstraße Richtung Kempten, der Abzweigung Schleifweg Richtung Memmingen und in der Wangener Straße Richtung Kaufmarkt eigentlich keine Häuser, in denen Menschen wohnen? Gibt es dort etwa gar keine, weniger oder anders zu bewertende Betroffenheiten?“In einer Reaktion dazu heißt es: „Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb auf manchen Straßen nur 30 gefahren werden darf, aber auf anderen Straßen weiterhin 50.“Die sauberste Lösung sei, sofort innerhalb der Ortsschilder überall Tempo 30 festzulegen. Skepsis aber klingt durch: „Ob sich dadurch etwas bessert, wir werden sehen und hören.“
Ganz krass äußert sich ein weiterer Kommentator, der unterstellt, „überall“werde mit mit dem „30erHammer“draufgeschlagen! Sogar der Begriff der Diktatur wird erwähnt, von Kleingeistigkeit der Verwaltung und des Gemeinderats ist die Rede.
Mehrfach wird auch das während der Sitzung von der Verwaltung angesprochenen Problem thematisiert, dass sich die Verkehrsströme verändern werden – weg von den Durchgangsstraßen und hin zu Umfahrungen. Belastbare Erfahrungen zu dieser Fragestellung aber liegen noch nicht vor. „Es bleibt nun nur zu hoffen, dass diejenigen Lärm machen, die nun darunter leiden werden. Warum soll ich noch die Hauptstraßen nehmen, die nun wahrscheinlich noch stärker in den Fokus der Blitzer gerückt werden, damit die Stadtverwaltung ihre teuren, aussagelosen Gutachten und Gutachter bezahlen kann?“So äußert sich ein weiterer Kommentator.
Auch während der Sitzung des Gemeinderates am Montag war es darum gegangen, zwischen neuen Studien und den früheren Beschlüssen abzuwägen. Fest steht bereits, dass der Gemeinderat und die Öffentlichkeit Mitte 2018 erste Erfahrungsberichte über die weitere Entwicklung erhalten sollen. Kurz nach Jahresbeginn sollen die beschlossenen Änderungen in Kraft treten.
Frühere Beschlüsse
Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle hatte mehrfach während der jüngsten Gemeinderatssitzung darauf hingewiesen, die Verwaltung habe mit ihrem Vorschlag nur auf mehrheitlich zuvor gefasste Beschlüsse reagiert. Widerstand gegen noch mehr Tempo 30 war vor allem aus den Reihen der CDU aufgekommen.