Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Guter Abschluss der Weihnachtstage
Familien erleben in Isny die schönsten Melodien des Oratoriums von Bach.
ISNY - Mit „Kind und Kegel“sich einmal dem weltberühmten Bach‘schen Weihnachtsoratorium zu nähern, ohne dass die Kleinen quengeln, einschlafen oder gar davonlaufen, das wäre mal einen Versuch wert… Der Oratorienchor Wangen wagte es, gemeinsam mit dem Barockorchester „La Banda“aus Augsburg unter Leitung von Friedrich-Wilhelm Möller – und hat Klein und Groß, Jung und Alt in der proppenvollen Nikolaikirche regelrecht verzaubert.
Johann Sebastian Bach hat vor 283 Jahren die biblische Weihnachtsgeschichte vertont und in sechs Kantaten auf die Gottesdienste der Feiertage zwischen Heiligabend und Dreikönig verteilt – zusammengenommen ist es ein mehrstündiges, monumentales Werk. „Ein Komponist ist ein Mensch, der Musik erfindet und sie mit Noten aufschreibt, damit die Musiker immer wieder wissen, wie man die Musik spielen muss. Da hat sich dieser Johann Sebastian Bach so über das Christkind gefreut, dass er unbedingt die Geschichte mit Musik erzählen wollte. Er hat es geschafft, mit seiner Musik alles was dort passiert ist so schön auszumalen, dass man beim Zuhören die ganze Geschichte fast schon sehen kann“, mit diesen Worten führte der Erzähler die Kinder in das Werk ein.
Musikalische Reise der Hirten
Die knapp einstündige Präsentation für Familien beschränkte sich in diesem Gesprächs- und Erlebniskonzert auf die musikalische Reise der Hirten und auch der drei „Weisen aus dem Morgenland“(Drei Könige) mit den schönsten Momenten und Melodien aus den Kantaten l bis IV. Chor und Orchester in voller Besetzung – es war überwältigend. Auch der Erzähler, der evangelische Klinikpfarrer Jirij Knoll, hat schnell die Herzen gewonnen. Gemeinsam haben sie bewiesen: Kindgerecht muss keineswegs kindisch sein.
Im Hirtenmantel, mit Hut und Stecken taucht er auf. Später sucht er auch seine Stalllaterne und stellt eine Futterkrippe mit Stroh auf ein Tischchen. „Mensch, dieses Stroh pikst ganz schlimm, wenn man da mit der Hand hineingreift… und wenn man da erst ein Baby hineinlegen würde?“Der Erzählhirte berichtet einfach vom Alltag der Hirten damals auf dem Feld von Bethlehem. „Nachts kann man ganz schön müde werden. Und damit sie nicht einschlafen, haben einige von ihnen Instrumente mitgebracht und haben damit ihre eigene Hirtenmusik gespielt.“Die Musiker flechten einige Takte Schalmaienmusik (Sinfonia Nr. 10) dazwischen, so wie es sich Bach ausgemalt hat. Sie zeigen den Kindern auch ihre Instrumente.
Der Erzählhirte setzt sich müde auf seinen Fellstuhl und schreckt wegen lauten Paukenschlägen schnell wieder auf. Es donnert so, wie wenn ein schweres Gewitter vom Himmel fallen würde. Es taucht aber stattdessen die Altistin als Engel mit richtigen Flügeln auf. Flöten spielen ganz leise, dann Oboen dazu und Geigen und schließlich das ganze Orchester – ein gewaltiges Crescendo! Eine Musik wie ein Traum, wie wenn eine unzählbare Schar von Engeln etwas ganz Besonderes mitzuteilen hätte.
Der Engel mit den Flügeln, die Altistin, singt: „Fürchtet Euch nicht, siehe ich verkündige Euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Denn Euch ist heute der Heiland geboren…“Der Erzähler vermutet: „Um sich in der Nacht Mut zu machen auf dem Weg, haben die Hirten beim Laufen auch laut gesungen.“Die Continuo-Gruppe und der Bass begleiten die Schritte der Hirten musikalisch auf dem Weg. Auch der Chor stimmt ein: „Lasst uns nun gehen nach Bethlehem…“
Erzähler schnarcht wie ein Bär
Als die Hirten im Stall ankommen, müssen sie mitansehen, wie das Christkind in einer Futterkrippe auf piksendem Stroh liegen muss. Die Streicher spielen einige Takte schrill und dissonant durcheinander, damit man das ungemütliche „Bettchen“für das Christkind richtig spüren kann. Mit der Musik der Oboen und dann der Violinen ist es, als ob das piksende Stroh immer weicher würde, und als dann helle Trompeten und Fanfaren einstimmen, soll deutlich werden, „dass das Christkind ja mindestens so wie ein König zu begrüßen ist.“Als dann die Altistin schließlich sanft das Schlaflied anstimmt, „schlafe, mein Liebster, genieße die Ruh…“da schläft sogar der Erzähler ein und schnarcht wie ein Bär.
Vor dem Schlusschoral des Chores „Ach mein herzliebstes Jesulein…“, so vermutet der Erzähler, dass der Komponist bestimmt damit sagen wollte: „Wenn sich für das Christkind wieder nichts Besseres zum Schlafen findet als eine harte Krippe, dann soll es doch zu uns kommen. Dann kann es sich in unser Herz hineinkuscheln und dann kann es ganz bestimmt prima schlafen und ein gutes Zuhause finden.“