Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Neville und die Sexismus-Vorwürfe
LONDON (SID/dpa) - Phil Neville beeilte sich, seinen Twitteraccount mit den fragwürdigen Äußerungen schnell zu löschen – doch da war es bereits zu spät. Nur Stunden nach seiner Ernennung zum neuen Trainer der englischen Frauenfußball-Nationalmannschaft holten den 41-Jährigen alte Sexismus-Vorwürfe wieder ein.
Schuld daran sind frühere SocialMedia-Einträge des Ex-Nationalspielers, die erahnen lassen, dass Nevilles Frauenbild antiquiert ist. Mindestens. Oder die nur derbe Macho-Witze sein könnten. Am Mittwoch entschuldigte sich der frühere Defensivspieler von Manchester United und des FC Everton. Er wolle klarstellen, dass die Kommentare „keine wahre und ernsthaft gemeinte Reflexion weder meines Charakters noch meiner Überzeugungen sind“, sagte Neville.
Zuvor hatten Medien die alten Tweets veröffentlicht. In einem Post von 2011 soll Neville geschrieben haben: „Ich bin entspannt, habe gerade meine Frau geschlagen!!! Fühle mich jetzt besser!“Ein Jahr später: „Ihr Frauen wolltet immer Gleichberechtigung, bis es darum geht, Rechnungen zu bezahlen.“Er versah diesen Tweet mit dem Hashtag „Heuchler“.
In einem weiteren Post hatte Neville geschrieben: „Guten Morgen, Männer. Ein paar Stunden Cricket vor der Arbeit rüsten mich gut für den Tag.“Auf die Frage, warum er sich nur an Männer wende, entgegnete er: „Weil ich dachte, dass die Frauen damit beschäftigt wären, Frühstück zu machen, sich um die Kinder zu kümmern oder die Betten zu machen – sorry: Guten Morgen, Frauen.“
Neville muss aber nicht um seinen Job fürchten. Laut der Zeitung „Sun“war der englische Verband FA über die Tweets informiert, bevor er ihm einen Vertrag bis 2021 zur Unterschrift vorlegte. Die FA halte die Einträge mehr für Witze als für Nevilles tatsächlichen Standpunkt.
Einen neuerlichen Aufreger kann der Verband auch nicht gebrauchen, erst im September war der Waliser Mark Sampson nach einem Rassismus-Skandal als englischer FrauenNationalcoach entlassen worden. Für die Neubesetzung hatte die FA auch bei Ex-Bundestrainerin Silvia Neid angefragt. Sie sagte jedoch ab, weil sie sich auf ihre Aufgabe als Leiterin der Scouting-Abteilung Frauen- und Mädchenfußball beim DFB konzentrieren wolle. Jetzt macht es Neville – und sagt: „Es gibt keine größere Ehre, als sein Land zu repräsentieren, und es ist ein Privileg, es wieder zu tun.“