Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Eine Hofdurchfahrt, ein Reisebus und 200 Euro
Ein Landwirt steht wegen Erpressung vor Gericht – Nach eigener Aussage ging es ihm nur um Schadensersatz für seinen kaputten Asphalt
LINDAU/OPFENBACH (owi) - Nicht zum ersten Mal hat sich ein Gericht mit einer Verkehrssituation im Opfenbacher Ortsteil Heimen beschäftigen müssen. Seit sechs Jahren schwelt der Konflikt. 2015 gab es ein Urteil des Verwaltungsgerichts in Augsburg, im vorigen Jahr dann die Ablehnung einer Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof in München.
Jetzt stand in diesem Zusammenhang ein 46-jähriger Landwirt vor dem Amtsgericht Lindau. Die Anklage lautete auf Erpressung.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft habe er von einem Reisebusfahrer
200 Euro erpresst. Das sah Richter Klaus Harter am Ende der Verhandlung aber anders – und stellte das Verfahren ein.
Immer wieder im Blickpunkt steht ein Bauernhof, durch den eine seit 1962 gewidmete Gemeindeverbindungsstraße führt. Auf der fahren häufig Lastwagen in Richtung eines Gewerbebetriebs. Dagegen gingen der Angeklagte und seine Frau, die Besitzerin des Hofs ist, mit Straßenbarrieren vor. Das ist ihnen durch das Verwaltungsgericht untersagt worden. Seither müssen sie eine insgesamt 4,50 Meter breite Durchfahrt frei halten. Das tun sie auch, sperren aber ihre seitliche Hoffläche ab.
Das war auch Ende Mai 2017 der Fall, als sich ein Busfahrer verfahren hatte. Aufgrund der engen Kurve im weiteren Verlauf der Straße wollte er auf der Hoffläche wenden und entfernte dazu die aufgestellte Absperrung. Als der jetzt angeklagte Landwirt hinzu kam, stand der Bus quer auf dem Hof und hatte nach Angaben des 46-Jährigen einen Teil der Asphalt-Spritzdecke beschädigt. Was dann genau geschah, klärte die Verhandlung nicht auf. Der Landwirt versicherte, den Busfahrer nicht an der Weiterfahrt gehindert zu haben. Gleichwohl vermerkte die von den Beteiligten gerufene Polizei, dass sich vor und hinter dem Bus Fahrzeuge des Landwirtes befanden. „Zum achten Mal in ähnlicher Situation“sei die Polizei Lindenberg vor Ort gewesen, sagte deren Chef Christian Wucher. Eine Beamtin vor Ort habe versucht, zu deeskalieren.
„Sie hat mit dem Busfahrer verhandelt“, bestätigte auch der Angeklagte. Ihm sei es um Schadensersatz für den kaputten Asphalt gegangen. Am Ende stand auch eine Zahlung des Busfahrers an den Landwirt in Höhe von 200 Euro.
Mit ihrem Verhalten habe die Polizistin „komplett daneben gelangt“, befand der Richter und verzichtete darauf, sie als Zeugin zu hören. Stattdessen stellte er das Verfahren gegen den Landwirt ein. Im Gegenzug verzichtete dieser auf Schadensersatzforderungen.
Keinesfalls dürfe er andere Personen an der Weiterfahrt von seiner Hoffläche hindern, sobald er deren Personalien festgestellt habe, gab der Richter dem Landwirt mit auf den Weg. Und: „Alles andere überlassen Sie künftig Ihrem Anwalt.“
Dem Augenschein nach ließe sich die gesamte Situation befrieden, indem die Straße verlegt werde, so Richter. Bislang führt sie mit zwei Kurven durch den Hof. Eine Begradigung hätte zur Folge, dass sie am Hof vorbei führt. Das dafür notwendige Grundstück habe er der Gemeinde bereits angeboten, erklärte der 46-Jährige. Allerdings solle er für die neue Straße dann auch noch bezahlen, was er ablehne.
„Alles andere überlassen Sie künftig Ihrem Anwalt.“Der Richter zum Angeklagten