Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Laufen statt lifteln
Die Grüntenlifte stehen weiter still – Keiner weiß, wie es weitergeht
RETTENBERG-KRANZEGG - Mittwochmorgen im Skigebiet der Grüntenlifte oberhalb von Kranzegg im Oberallgäu: Schöner kann ein Wintertag nicht sein. Meterhoher Schnee. Die Weitsicht ins Alpenvorland sowie in die Ostallgäuer und Tannheimer Berge sucht ihresgleichen. Es ist klirrend kalt, aber die ersten wärmenden Sonnenstrahlen wecken die Lebensgeister. Es sind Faschingsferien und normalerweise wären jetzt viele Skifahrer und Snowboarder auf den Pisten. Doch in diesem Winter laufen die Grünten-Lifte nicht.
Weil der Verkauf der Lifte und des Inventars von der Besitzerfamilie Prinzing an den dubiosen Schweizer Investor Gregor Wallimann gescheitert ist, hat seit November vergangenen Jahres Pluta-Konkursverwalter Florian Zistler aus Kempten das Sagen. Geradezu gebetsmühlenartig lässt er über seinen Sprecher wissen: Es gebe mehrere Interessenten an einer Übernahme der Lifte. Die wollten investieren. Doch ein Verkauf könne nur zustande kommen, wenn die Besitzerfamilie Prinzing mitzieht und neben dem Inventar auch die für den Skibetrieb notwendigen Grunddienstbarkeiten übertragen werden. Dabei geht es zum Beispiel um die Nutzung fremder Flächen für die Pisten. Von der Familie gebe es jetzt hoffnungsvolle Signale, heißt es.
Der Schweizer Investor hatte seinerzeit versprochen, 80 Millionen Euro am Grünten zu investieren – einschließlich Parkhaus nahe der Talstation. Doch das Vorhaben stellte sich als Luftnummer heraus.
Nach gut einer Stunde Aufstieg treffen wir Norbert Zeberle, 53, in der Grüntenhütte. Seit 2004 ist er hier oben Wirt. Einen Winter ohne Liftbetrieb hat er noch nie erlebt. „Der Umsatz ist um etwa die Hälfte zurückgegangen“, bilanziert Zeberle zur Winter-Halbzeit. Er habe sich rechtzeitig auf den Lift-Stillstand eingestellt und beispielsweise das Personal reduziert. Zeberle sieht die Veränderung durchaus positiv: „Jetzt kommen andere Gäste, es ist ruhiger und gemütlicher.“Die Skifahrer seien vor allem mittags regelrecht hineingestürmt und hätten schnell etwas gegessen oder getrunken. Die Rodler, Schneeschuhund Tourengeher dagegen hätten mehr Sitzfleisch. Vor allem wochentags seien unter den Gästen viele jung gebliebene Senioren.
Der Grünten habe sich zu einem „schönen Tourengebiet“entwickelt, sagt Hüttengast Günther Jahn aus Pfronten, der bei uns am Tisch sitzt. Er sei in diesem Winter schon zum vierten Mal mit Skiern auf der Grüntenhütte, andere steigen beinahe täglich auf und fahren mit den Skiern wieder ab. „Die Hälfte unserer Kundschaft kommt jetzt mit Schneeschuhen“, sagt der Wirt und berichtet, dass Veranstalter von Schneeschuhtouren schon vor Beginn des Winters viele Übernachtungsplätze für ihre Touren gebucht hatten.
Konzept für sanften Tourismus
Zeberle glaubt nach eigenen Worten nicht, dass auf absehbare Zeit ein Investor gefunden wird. Er könnte sich ein Leben am Grünten ohne PistenSkibetrieb durchaus vorstellen: „Das ist auf jeden Fall machbar.“Zeberle spricht von einem neuen Konzept für einen sanften Tourismus am Berg, das zusammen mit dem Alpenverein entwickelt und beworben werden könnte.
Investitionen in den alpinen Skisport seien in dieser Höhenlage im Hinblick auf den Klimawandel sowieso riskant, glaubt der Hüttenwirt: „Die milden Südwestlagen nehmen zu.“In Branchenkreisen geht man ohnehin davon aus, dass ein Investor nur dann zu finden ist, wenn es am Grünten auch einen Sommerfahrbetrieb geben wird.
Rettenbergs Bürgermeister Oliver Kunz gibt sich auf Nachfrage bedeckt. Er habe lediglich gehört, dass Gespräche mit Investoren geführt worden seien. „Nach wie vor gibt es aber nichts Greifbares“, sagt Kunz. jährig bis zum Sonnenuntergang, dienstags ist Ruhetag. Zweimal wöchentlich gibt es im Winter Tourenabende: jeweils mittwochs und freitags. Dann ist die Grüntenhütte bis 22 Uhr geöffnet. Übernachten kann man in vier Zimmern mit zusammen 42 Betten. Reservierung unter Telefon 08327 / 7474.
Weitere Einkehrmöglichkeiten: Höfle-Alp nahe der Mittelstation und Berggasthof Kranzegg. (mun)