Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wasserkraftanlage soll Ende 2019 Strom produzieren
Planfeststellungsverfahren abgeschlossen – Stadt Wangen schreibt Gewerke aus – Baubeginn wohl in einem Jahr
WANGEN - Sechs Jahre ist es nun schon her, dass die Stadt die seit dem Pfingsthochwasser 1999 brach liegende Wasserkraftanlage auf dem früheren NTW-Areal gekauft hat – mit dem Ziel diese zu reaktivieren. Seitdem gab es immer wieder Verzögerungen, zuletzt wegen einer Petition. Mittlerweile ist der Weg jedoch frei für das rund 3,5 Millionen Euro teure Projekt zur Stromerzeugung. Baubeginn soll im Frühjahr 2019 sein.
Der Ordner mit den Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren für die sogenannte Wasserkraftanlage T4, der vor Urs Geuppert auf dem Tisch im städtischen Tiefbauamt liegt, platzt fast aus allen Nähten. Kein Wunder: Das Thema hat in den vergangenen Jahren nicht nur die Stadt und die beteiligten Behörden beschäftigt, sondern auch Anlieger, Naturschützer und am Ende sogar den Landtag. Nachdem Klagen zum jüngst ausgelegten Planfeststellungsbescheid ausblieben, kann nun aber die abschließende Phase zur konkreten Umsetzung des Bauprojekts starten. Ins Netz eingespeist werden soll der erzeugte Stroms dann Ende 2019.
Bis dahin ist noch jede Menge zu tun. Zunächst müssen die verschiedenen Gewerke ausgeschrieben und vergeben werden. Als erstes, und zwar noch vor der Sommerpause, Turbine und Generator, wegen der langen Lieferzeit. Danach Stahlkonstruktion und Wasserbau, Schlauchwehr sowie der Rohbau mit Verdolung, Düker-Bauwerk, Krafthaus und Steuerungstechnik. „Geplanter Baubeginn ist im Frühjahr 2019“, sagt Geuppert. Er war bei einer Infoveranstaltung vor gut drei Jahren noch von 2016 ausgegangen.
Schon damals hatte sich jedoch Widerstand gegen die Reaktivierung der früheren NTW-Wasserkraftanlage geregt. Vor allem die Schutzgemeinschaft Argentäler um ihren Sprecher Herbert Kleiner sah die städtischen Pläne kritisch, hauptsächlich weil diese die ökologischen Bedingungen an der Argen verschlechtern würden. Im November 2016 gab es als weiteren Verfahrensschritt einen Erörterungstermin, worauf die Stadt laut Geuppert nachbesserte und unter anderem das Gerinne zum Fischaufstieg verbreiterte. Mit einer Mindestwassermenge von 800 Litern pro Sekunde, die im Flussbett der Argen bleibt, sei die Stadt den Naturschützern schon zuvor entgegen gekommen. Vorgeschrieben seien zwischen 400 und 600 Liter.
Auch könne nicht von einer Verschlechterung im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie gesprochen werden, von der die Projektgegner immer wieder sprechen. Im Gegenteil, so Geuppert: „Dieses Verschlechterungsverbot betrachtet den gesamten Wasserkörper, und hier bleibt es beim aktuellen Zustand. Ein Fachmann hat uns für den Bereich der Ausleitungsstrecke sogar eine Aufwertung der Argen bescheinigt, weil wir für eine bessere Durchgängigkeit sorgen.“Das sahen und sehen Kleiner und Co. anders. Neben den ökologischen Schäden beim Betreiben des Kleinkraftwerks stehe der finanzielle Aufwand in keinem Verhältnis zur späteren Stromproduktion. Wenn der Strom wie vorgesehen eingespeist werde, geht Geuppert von einer Amortisationszeit der Anlage zwischen 35 und 40 Jahren aus und sagt: „Das T4 ist wirtschaftlich.“
Stadt plant eigenes Mittelspannungsnetz
Zusammen mit den anderen drei Wasserkraftwerken im Stadtgebiet (Argenwehr, Erba, Niederwangen) soll es ab Ende 2019 eine Strommenge produzieren, die für 80 Prozent aller kommunalen Gebäude reichen würde – ausgenommen das Klärwerk. Um bei der Energieversorgung autonomer zu werden, plant die Stadt darüber hinaus bis zum Jahr 2020 ein eigenes Mittelspannungsnetz, das städtische Gebäude im weiteren Einzugsbereich des Erba-Wasserkraftwerks, wie Gymnasium, Argenhalle oder Heizwerk, mit Eigenstrom versorgen soll.