Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Der Abriss an der Wangener Erba läuft
Mehrere Hallen verschwinden – Schadstoffe erschweren und verteuern die Arbeiten
WANGEN - Bagger und Abrissfachleute sind da: Seit Jahresbeginn laufen die Abbrucharbeiten auf weiten Teilen des Erba-Geländes. Vor allem die Hallen der Weberei werden verschwinden wie Teile der gegenüber liegenden Spinnerei. Doch wer sich eine grobschlächtige Arbeit mit der Abrissbirne vorstellt, sieht sich getäuscht. Der Abbruch der Gebäudekomplexe ist eine Feinarbeit – geschuldet der unterschiedlichen Materialien, der verschachtelten Gebäude und der Schadstoffe.
Wenn sich Olaf Holz aussuchen dürfte, welche Art von Mauerwerken er am liebsten beseitigt, dann nennt er das unverbaute Haus, das nach der Erstellung nie verändert worden ist. Mit den Erba-Hallen hat es der Bauleiter des Winterlinger Rückbauunternehmens Libare mit dem ungefähren Gegenteil seines (hypothetischen) Leib- und Magenobjekts zu tun. Denn die alten Gebäude haben es buchstäblich in sich: Neben Steinen und Beton finden sich darin Schadstoffe wie Asbest. Teer war einst verbaut worden, und eine Entrümpelung stand gleich zu Beginn der Arbeiten an. Auch sind die Hallen alles andere als unverbaut – weshalb anfangs ungewiss war, was die Fachleute beim eigentlichen Abriss erwartet.
Seit Jahresbeginn sind Holz und seine Kollegen am Werk, täglich zehn bis 15 Mann. Und sie mussten sich zunächst einen Überblick verschaffen und das Material in drei verschiedene Kategorien einordnen: mineralische Substanzen, organische sowie Schadstoffe. Achten sie nicht darauf und sortieren nicht entsprechend, kämen sie mit Gesetzen in Konflikt und fänden keine Abnehmer für den Schutt: „Das würde eine Weiterverarbeitung des Betons unmöglich machen“, sagt Holz, der von mancher „Hiobsbotschaft“bei den Untersuchungen spricht. Und: „Wir sind noch ein Stück weit in der Findungsphase.“
Auch deshalb lohnt sich dieser Tage ein Blick auf die Arbeit der Fachleute: An der Weberei macht sich ein Bagger zu schaffen. Mal greift sich der Mann im Führerstand eine Tür, mal bekommt er einen Stahlträger zu fassen. Und dann schnappt er sich Gesteinsbrocken. Alles kommt auf getrennte Haufen.
Drinnen verfahren dessen Kollegen nach ähnlichem Prinzip: Mit lautem Gerät lösen sie den Estrich vom Betonboden. Daran ist in dieser Webereihalle, die zuletzt die Sportturbine beherbergte, zwar kein Asbest versteckt, die Trennung muss aber dennoch sein. Und so vollzieht sich der Abriss in diesen Tagen nach der Fasnet laut und mitunter staubig. Dafür, dass die Arbeiten immerhin schon seit dem Jahresbeginn laufen, sehen sie aber noch vergleichsweise unspektakulär aus.
Das war gleichwohl keine sonderliche Überraschung. Bereits im Dezember, bei der Vorstellung der Pläne im Gemeinderat, war von teils weit überdurchschnittlichen Schadstoffkonzentrationen in allen betroffenen Gebäuden die Rede. So wurde da bekannt, dass in den Teerkorkdämmungen auf den Dächern Konzentrationen krebserregender Stoffe festgestellt worden waren, die bisweilen 60 mal höher als der Wert für die Gefahrenuntergrenze sind.
Ob schädlich oder wiederverwertbar: All das Material muss über kurz oder lang weg von der Erba. Mineralisches soll im Straßenbau in der Region Verwendung finden, sagt Frank Schwarzwälder, seitens des Bauamts und der Landesgartenschau Gmbh mit dem Abbruch betraut. Für Kontaminiertes und gefährliche Abfälle braucht es Deponien. „Wir versuchen mit Proben gerade, Entsorgungswege hinzubekommen“, erläutert Olaf Holz.
Abrissende verspätet sich
Unterm Strich handelt sich um 25 000 Tonnen oder 1000 LKW-Ladungen, die abtransportiert werden. Am Ende sollen alte Industriegebäude verschwunden sein, die derzeit auf rund 12 000 Quadratmetern stehen. Wann dies soweit sein wird, ist wegen der baulichen „Hiobsbotschaften“noch offen. Dass es für das anvisierte zeitliche Ziel Ende März nicht reicht, weiß Schwarzwälder schon jetzt.
Aus demselben Grund beziffert die Stadt die Kosten nur in einem groben Rahmen oberhalb der zunächst veranschlagten 1,2 Millionen Euro brutto. „Mit 1,5 Millionen wird man nicht so ganz falsch liegen“, glaubt Oberbürgermeister Michael Lang. Geld, dass die Stadt aber voraussichtlich nicht allein aufbringen muss. Denn der Rathauschef rechnet überschlägig mit 60 Prozent an Zuschüssen aus Sanierungstöpfen von Bund und Land.