Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Linke wollen Linke einsammeln
Fraktionsklausur in Berlin – Bartsch: Bollwerk gegen Kulturkampf von rechts sein
BERLIN - Nach dem Mitgliedervotum der SPD zeigen sich die Linken enttäuscht über die neue Regierungskoalition. „Die Wahlverlierer treffen sich“, sagt Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Bei einem Verlust der Koalitionsparteien von insgesamt 14 Prozent bei den Wahlen werde er nicht mehr von einer Großen Koalition sprechen.
Zwei Tage lang hat sich die Linken-Fraktion in Berlin getroffen, erst der Vorstand, und dann alle. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht konnte wegen einer Erkrankung nicht dabei sein. Aber er habe mit ihr gesprochen, so Fraktionschef Dietmar Bartsch, und es sei keine Rede von der Neugründung einer eigenen Partei gewesen, sondern es sei das Ziel, möglichst viele Linke einzusammeln. Schließlich hätte die SPD zehn Millionen Wähler verloren, und da müssten sich die Linken fragen: „Warum sind zu wenige bei uns gelandet?“
Sahra Wagenknecht sagte unterdessen in einem Interview der „taz“, sie halte ein rot-rot-grünes Bündnis für erledigt. „Diese Option ist tot“, denn die Grünen seien eine bürgerliche Partei geworden, die mit der Union regieren wolle. Und die SPD halte an der Agenda-Politik fest, während ihr die Wähler davon liefen. LinkenChefin Katja Kipping hatte am Tag zuvor gewarnt, wenn die Linke gespalten sei, bleibe sie unter ihren Möglichkeiten.
Doch die Perspektiven der Linken für ein Regierungsbündnis sind derzeit schlecht. Laut Bartsch bleiben brennende soziale Fragen offen, denen sich jetzt die Linken widmen müssten. Denn die Gesellschaft sei sozial tief gespalten und die Unsicherheit bis weit in die Mittelschicht hinein verbreitet. Auch Parteichef Bernd Riexinger hatte gesagt, alle, die sich erhofft hätten, es werde in Deutschland gerechter zugehen, würden von der neuen Regierung enttäuscht. Die SPD habe kein einziges Leuchtturmprojekt. Vor diesem Hintergrund schnüren die Linken gleich ein ganzes Paket mit Versprechen, mehr für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu tun.
Im Beschluss des Fraktionsvorstandes steht, dass auf dem Boden von Unmut und Existenzangst rechtspopulistische Bewegungen wachsen, überall in Europa sei der Kulturkampf von rechts zu spüren. „Wir wollen Bollwerk für die Menschlichkeit sein“, so Bartsch, und einen Beitrag leisten, die Demokratie zu verteidigen. Dabei zählen aus Sicht der Linken weniger die moralischen Antworten als Maßnahmen, mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Dazu hat die Fraktion einstimmig einen Acht-Punkte-Plan verabschiedet. Zu den zentralen Punkten zählt die Steuergerechtigkeit. Eine Reichensteuer sei nötig, außerdem müssten große Erbschaften stärker besteuert werden und Steueroasen ausgetrocknet werden.
Die Linken fordern eine Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro. Im Rentenbereich, einem weiteren zentralen Punkt, wollen sie zurückkehren zur alten Rentenformel. Bei den Krankenkassen sei es zwar gut, dass die Große Koalition die Parität wieder herstellen wolle, aber zu wenig. „Ein Ende der Zwei-KlassenMedizin ist nötig!“, so Bartsch.