Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Dorny und Jurowski werden die Münchner Oper leiten
Belgischer Kulturmanager und russischer Dirigent bilden ab 2021 das Führungsduo
MÜNCHEN/LYON (dpa) - In Dresden geschasst, in München engagiert. Der Chef der Lyoner Oper, Serge Dorny, wird neuer Intendant der Bayerischen Staatsoper. Ihm zur Seite steht als Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski. Die beiden treten in große Fußstapfen. Sie übernehmen eines der renommiertesten Opernhäuser der Welt: Der belgische Kulturmanager Serge Dorny und der russische Dirigent Vladimir Jurowski bilden ab 2021 das neue Führungsduo an der Bayerischen Staatsoper. Dorny tritt zum 1. September 2021 als Intendant die Nachfolge von Nikolaus Bachler an.
Als neuer Generalmusikdirektor soll ihm ebenfalls ab Anfang September 2021 Vladimir Jurowski zur Seite stehen. Der 45-jährige Russe, Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB), folgt auf Kirill Petrenko, den künftigen Chef der Berliner Philharmoniker.
Dorny, derzeitiger Chef der Opéra National de Lyon, war schon einmal auf dem Sprung nach Deutschland. Im September 2014 sollte er die Intendanz der Dresdner Semperoper übernehmen. Doch dazu kam es nicht. Wegen „Störung des Betriebsfriedens“wurde ihm noch vor Amtsantritt fristlos gekündigt. Dorny selbst sprach von Kompetenzstreitigkeiten mit Christian Thielemann, dem selbstbewussten Musikchef des Hauses. Die folgende Schlammschlacht endete 2016 mit Dornys Sieg vor dem Dresdner Oberlandesgericht und einer Schlappe für die sächsische Staatsregierung.
Große Fußstapfen
Im zweiten Anlauf hat der 56-jährige Dorny, Zögling des 2014 verstorbenen, europaweit höchst einflussreichen Opern- und Theaterintendanten Gérard Mortier, jetzt den Sprung geschafft. Die Erwartungen sind groß, denn Staatsopernchef Nikolaus Bachler hat zusammen mit seinem von Publikum und Kritik umschwärmten Generalmusikdirektor Kirill Petrenko an der Isar für eine anhaltende Erfolgssträhne gesorgt.
In Lyon jedenfalls hat Dorny eine beeindruckende Performance hingelegt. Der Flame hat in Gent Architektur, Kunstgeschichte und Komposition studiert und leitete nach einer Dramaturgenposition an der Brüsseler Opéra La Monnaie unter Mortier ds Flandern-Festival ehe er Generaldirektor des London Philharmonic Orchestra wurde. 2003 übernahm er die Oper Lyon.
Gerade erst wurde die nach der Pariser Bastille zweitwichtigste französische Oper für ihr experimentierfreudiges Programm und die hohe künstlerische Qualität in der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Opernwelt“zum Opernhaus des Jahres gekürt. Dorny gilt nicht nur als innovativer Theaterkopf, sondern auch als durchsetzungskräftiger und fordernder Manager. Nach seinem Dresdner Waterloo wurde ein Brief bekannt, in dem sich die Mitarbeiter der Lyoner Oper gegen eine Rückkehr Dornys nach Lyon wehrten. In einem an Frankreichs Kulturministerin Aurélie Filippetti adressierten, anonymen Schreiben klagten sie über ein angeblich schlechtes Betriebsklima.
Dahinter stand wohl auch der Druck, den die von Dorny programmierten Neuproduktionen mit sich brachten; Dorny selbst vermutete eine politische Intrige. Trotzdem kehrte er 2014 nach Lyon zurück. Zumindest der Erfolg rechtfertigte diese ungewöhnliche Entscheidung.