Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kein Tempo 30 in Wilhelmsdorfs Mitte
In der Zußdorfer- und Pfrunger Straße dürfen Verkehrsteilnehmer weiterhin mit 50 Kilometern pro Stunde fahren
WILHELMSDORF - Es wird auch in Zukunft keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde in der Zußdorfer und Pfrunger Straße in Wilhelmsdorf geben. Ein entsprechender Vorschlag der Verwaltung, eine solche Tempobremse bei der Unteren Straßenverkehrsbehörde zu beantragen, wurde vom Gemeinderat in der jüngsten Sitzung nach kontroverser Debatte mit großer Mehrheit abgelehnt.
Hauptamtsleiter Josef Ruff warf einen Blick in die Vergangenheit. Schon vor Jahren hatte es Bestrebungen gegeben, unter anderem vonseiten der örtlichen SPD, auf den Durchgangsstraßen von Wilhelmsdorf eine Tempodrosselung einzuführen. Unabhängig von den Mehrheiten in den politischen Gremien der Gemeinde, erwiesen sich die gesetzlichen Hürden für ein solches Vorhaben als ausgesprochen hoch. In weiten Teilen der Wohngebiete wurden zwar 30er-Zonen eingerichtet, doch die Hauptverkehrsadern waren davon ausgenommen.
Horgenzell als Vorbild
Durch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung ist es seit Neuestem möglich, auch auf solchen Landesstraßen auf Höhe von Schulen, Kindergärten oder Behinderteneinrichtungen die Geschwindigkeit zu begrenzen. Für den Schutz von Kindern oder behinderten Menschen im Straßenverkehr wurde das Antragsverfahren deutlich vereinfacht, hohe Hürden dafür sind abgebaut.
Die Nachbargemeinde Horgenzell schränkte mit Bezug auf das neue Gesetz die erlaubte Geschwindigkeit bei der Schule bereits ein. Deshalb schlug die Wilhelmsdorfer Verwaltung dem Gemeinderat vor, entsprechende Anträge für den Bereich der Behinderteneinrichtungen an der Zußdorfer Straße und in Höhe des Schulzentrums an der Pfrunger Straße zu stellen. Das Tempolimit wäre auf die Schul- und Betriebszeiten beschränkt, also nicht durchgehend, betonte Josef Ruff.
Ohne Kontrollen sinnlos
Waltraud Bosch, Ortsvorsteherin von Esenhausen, sprach sich zu Beginn der Diskussionsrunde dafür aus, die Anträge zu stellen. Daraufhin meldete sich Christof Bühler (Fraktion Bürgerliste) zu Wort. Er schilderte aus seiner Sicht eines Omnibusunternehmers detailreich die Nachteile, die sich aus einer Beschränkung in den genannten Bereichen ergeben. „Es bringt gar nichts, einfach Schilder aufzustellen, ohne dass konsequent kontrolliert wird.“Es müssten dann laufend Tempomessgeräte zum Einsatz kommen, um die Beschränkungen durchzusetzen, bekräftigte Bühler.
Starke Argumente fand Andreas Schelshorn (Liste Freie Wählervereinigung). „Auf der Zußdorfer Straße kann tagsüber kaum einmal 50 Kilometer pro Stunde gefahren werden.“Die Straße ist vergleichsweise schmal, ebenso wie die Parkplätze am Rand. Ein vorsichtiges und langsames Fahren ergebe sich von allein. Außerdem erinnerte Schelshorn daran, dass nach der Sperrung der Straße im Bereich Esenhausen wegen der Bauarbeiten zur neuen Landesstraße der ganze Verkehr in Richtung Ostrach mitten durch Wilhelmsdorf geleitet werden muss. Er prophezeite genug Schwierigkeiten beim Begegnungsverkehr von Bussen und Lastwagen. „Ich sehe deshalb keinen Anlass, in der Zußdorfer Straße etwas zu regulieren.“
Im Fall der Pfrunger Straße wurde in der Debatte eingeworfen, dass hier mit großem Aufwand die Verkehrssituation entspannt wurde. Der Bereich sei übersichtlich, ein Zebrastreifen sorge für Sicherheit. Hier einen Schilderwald aufzubauen, sei nicht sinnvoll.
Andere Straßen im Fokus
Gemeinderat Gerhard Haag (Fraktion Bürgerliste) ist der Überzeugung, dass die Situation in beiden Straßen in Ordnung sei. Anders sehe es beispielsweise in Teilen der Esenhauser Straße aus. Hier gebe es durchaus Anlass für ein Tempolimit, um Raser zu stoppen. Da es dort aber keine Schule oder einen Kindergarten gebe, bleibe dies ein Wunsch. Thomas Schädler (Liste Freie Wählervereinigung), Ortsvorsteher von Zußdorf, erinnerte an die Lage beim Kinderheim St. Johann. Hier sehe er weitere Notwendigkeiten bei der Verkehrsüberwachung.
Das Fazit der Aussprache war eindeutig. „Die Mehrheit ist dagegen, der Sache näherzutreten“, fasste Josef Ruff die Stimmungslage zusammen. Mit dieser Einschätzung lag der Hauptamtsleiter richtig. Elf Räte stimmten gegen eine entsprechende Initiative zur Geschwindigkeitsbegrenzung, nur vier sprachen sich dafür aus.