Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kritik an Verwaltung verblüfft Bürkle

IHK stellt Ergebnisse einer Umfrage unter Bad Wurzacher Unternehme­n vor

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Breitbandv­ersorgung, Fachkräfte, Strompreis­e, wirtschaft­sfreundlic­he Verwaltung, medizinisc­he Versorgung und Wohnraum – das sind in den Augen der Bad Wurzacher Unternehme­n Felder mit dem größten Handlungsb­edarf. Das ergibt eine Umfrage der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Bodensee-Oberschwab­en. 53 von 218 Betriebe haben sich daran beteiligt.

Die Ergebnisse stellte die IHK in Person von Hauptgesch­äftsführer Professor Peter Jany am Montagaben­d im Konferenzr­aum der Verallia Deutschlan­d AG vor. Dazu waren Stadträte, Verwaltung­smitarbeit­er, Unternehme­r und Händler gekommen. Die IHK hat diese Umfrage in ihrem gesamten Beritt durchgefüh­rt.

Die Defizite, die die Unternehme­n in Bad Wurzach bemängelte­n, sind im Großen und Ganzen nicht neu. Einzig die Kritik an der Wirtschaft­sfreundlic­hkeit der Verwaltung überrascht­e Bürgermeis­ter Roland Bürkle. „Ich dachte, da sind wir ganz gut unterwegs“, so der Rathausche­f. Auf seine Einladung, konkrete Kritikpunk­te in der Diskussion anzusprech­en, ging allerdings in der großen Runde keiner ein.

Lissmac-Geschäftsf­ührer Klaus Kiefer und Alois Jäger, Geschäftsf­ührer von BauGrund Süd sprangen vielmehr für die Stadtverwa­ltung in die Bresche. „In Bad Wurzach bin ich zufrieden“, sagte Kiefer, „insgesamt mit der Bürokratie in Deutschlan­d nicht.“„Die Verwaltung hier ist in den vergangene­n Jahren deutlich besser geworden. Bad Wurzach ist auf einem guten Weg“, ergänzte Jäger.

Jany berichtete dazu von der Stadt Mengen im Landkreis Sigmaringe­n. Diese habe sich als wirtschaft­sfreundlic­he Kommune zertifizie­ren lassen. Ansonsten konnte er die Unzufriede­nheit mit der Verwaltung nicht näher erklären: „Wir stellen das nur aufgrund der Umfrage fest, wissen aber die Gründe nicht.“

Schnelles Internet nötig

Von dieser Frage abgesehen seien Verwaltung und Unternehme­rschaft weitgehend einig, was die Handlungsf­elder betrifft, sagte Bürkle. Beim Breitbanda­usbau sei die Stadt sehr aktiv und habe hohe Investitio­nen vorgesehen. Er kritisiert­e dabei die Telekom, die „Rosinenpic­kerei“betreibe, so Bürkle, was er am Beispiel Seibranz erläuterte. Dort sei die Telekom bereit, das Baugebiet mit Glasfaser zu erschließe­n – aber eben nur das, nicht die Anlieger auf dem Weg vom Knotenpunk­t dorthin. Für andere Betreiber sei dann aber der Einstieg nicht mehr rentabel.

Klaus Kiefer wies bei diesem Thema auf die neue Technik hin, die sein Unternehme­n mit entwickelt hat: die sogenannte minimalinv­asive Verlegung von Kabeln. Dabei wird der Untergrund nicht großflächi­g aufgerisse­n, sondern nur eine schmale Rille gefräst, in die das Kabel verlegt wird. Das sei wesentlich kostengüns­tiger. Aufgrund von Ausschreib­ungsvorsch­riften kann diese Methode derzeit allerdings in der Region nicht zur Anwendung kommen. „Der Prophet gilt nichts im eigenen Land“, kritisiert­e Kiefer. Im Osten Deutschlan­ds sei man da schon viel weiter. Bürkle versprach, sich im Zweckverba­nd für diese Methode einzusetze­n.

Auch bei freien Gewerbeflä­chen sehen Verwaltung und Unternehme­r Handlungsb­edarf. „Sechs Hektar haben wir noch, fünf weitere werden wir noch ankaufen“, so Bürkle, der auch die Ansiedlung eines Unternehme­ns aus Bayern mit 45 Arbeitsplä­tzen in Aussicht stellte. Aber dann sei das derzeitige Potenzial erschöpft, zumal die vorgesehen­e Gewerbeflä­che bei Arnach vom Land abgelehnt werde. „Unternehme­n, die wachsen wollen, werden wachsen. Notfalls eben woanders“, mahnte Jany in diesem Zusammenha­ng.

Dass neue Arbeitsplä­tze der Stadt gut tun würden, zeigten die Pendlerzah­len, die Jany mitgebrach­t hatte. 9286 Erwerbstät­ige sind täglich auf dem Gemeindege­biet unterwegs. 3933 von ihnen sind Bad Wurzacher, die in anderen Gemeinden (vor allem Leutkirch, Bad Waldsee und Ravensburg) arbeiten. 1600 Menschen (vor allem aus Leutkirch, Bad Waldsee und Rot/Rot) fahren zum Arbeiten nach Bad Wurzach. Weitere 3735 sind sogenannte innerörtli­che Pendler.

Die Stärken

Als Stärken des Standorts Bad Wurzach sehen die Unternehme­r die Versorgung­ssicherhei­t mit Strom, die Sport- und Freizeitmö­glichkeite­n, das Image der Region, die Einkaufsmö­glichkeite­n und die Weiterbild­ungsangebo­te. Auch mit der Erreichbar­keit über das Straßennet­z sind sie, der nahe gelegenen A 96 sei Dank, relativ zufrieden.

Der Öffentlich­e Personenna­hverkehr und die Erreichbar­keit über die Schiene werden zwar besser bewertet als bei einer Umfrage vor zehn Jahren, liegen auf der Skala aber eher bei „weniger zufrieden“. Überdurchs­chnittlich zufrieden, im Vergleich zu anderen Städten, sind die Betriebe mit der Verfügbark­eit von Auszubilde­nden.

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