Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Trumps Coup ist gelungen
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un schlägt US-Präsident Donald Trump ein Gespräch auf höchster Ebene vor. Termin und Ort sind noch nicht fixiert, aber bis Ende Mai soll es zu einer persönlichen Begegnung der bisherigen Erzfeinde kommen. Dieser Überraschungscoup ist gelungen und vielleicht ergibt sich aus dem angedachten Gipfeltreffen sogar noch eine weltpolitische Sensation.
Immerhin ist der Streit um das nordkoreanische Atomprogramm gegenwärtig der weltpolitisch gefährlichste Konflikt, weil er als militärisch nicht lösbar gilt. Hinzu kommen offene persönliche Animositäten. Kim und Trump haben sich mehr als ein Jahr lang gegenseitig so mit wüsten Drohungen, üblen Beleidigungen und bissigem Spott überzogen, dass eine Eskalation jederzeit zu befürchten war. Wenn sich nun der „Raketenmann“aus Pjöngjang und der „Geistesgestörte“aus Washington – so die gegenseitigen Beschimpfungen aus dem Vorjahr – die Hand reichen, wäre dies ein unschätzbares Entspannungssignal.
Es bedeutet aber nicht, dass damit der Konflikt in der politischen Realität entschärft wäre. Zum einen hat der Despot aus Pjöngjang erreicht, was seinen beiden Vorgängern in der nordkoreanischen Familiendynastie stets verwehrt geblieben ist: Ein nicht vom Volk demokratisch gewählter Führer verhandelt auf Augenhöhe mit dem Chef des Weißen Hauses. Washington erkennt damit indirekt an, dass Pjöngjang eine ernst zu nehmende atomare Gefahr werden könnte. Kims Rechnung geht damit auf, er hat seine äußerst knappen Ressourcen auf die nukleare Aufrüstung als Prestigeobjekt konzentriert. Diesen Trumpf wird er sich nicht nehmen lassen.
Auf der anderen Seite kann kein amerikanischer Präsident, auch nicht der erratische Trump, zulassen, dass sich Nordkorea zu einer Atommacht mausert. Und schon gleich gar nicht können die USA Sicherheitsgarantien für das Überleben einer Diktatur geben, die sie zutiefst verachten. Vor allem können sie die Sanktionen nicht aufheben. Schließlich ist es die Wirkung dieser Maßnahmen, die Kim Jong-un an den Verhandlungstisch zwingt.