Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gewerkschaften und Politik billigen Innogy-Zerschlagung
Energieversorger RWE und Eon wollen Ökostrom-Konzern aufteilen – Verbraucherschützer warnen vor Preisanstieg
ESSEN/BERLIN (dpa) - Mit Rückendeckung aus Gewerkschaften und Politik können Eon und RWE die Zerschlagung der Ökostrom-Firma Innogy angehen – Verbrauchschützer warnen die Konzerne aber vor möglichen Nachteilen für die Kunden. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Vize im RWEAufsichtsrat, Frank Bsirske, will dem Vorhaben zustimmen. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die bei RWE einflussreichen NRW-Kommunen sehen die geplante Neuordnung bei den Energieriesen im Prinzip positiv. Der Chef des Verbraucherzentralen-Verbands, Klaus Müller, betonte jedoch, dass die Konsequenzen des Deals mit Blick auf die Strompreise genau geprüft werden sollten.
Bsirske sagte am Montag in Potsdam, die beiden größten deutschen Versorger hätten die Chance, „starke und investitionskräftige Unternehmen aufzubauen und auch Perspektiven zu erschließen für Wachstum und für die Arbeitsplätze“. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) schloss sich dem weitgehend an.
Eon hat vor, zunächst Innogy komplett zu übernehmen und im Gegenzug den Rivalen RWE am eigenen Unternehmen zu beteiligen. Eon würde dabei das lukrative Innogy-Netzgeschäft erhalten, die erneuerbaren Energien sollen unter dem Dach von RWE vereint werden. Das erst zwei Jahre alte Unternehmen Innogy würde damit aufhören zu existieren.
Merkel sagte in Berlin, sie habe Vertrauen in die Konzerne, dass diese die beste Variante wählten, wie sie die Energiewende schafften. Im Koalitionsvertrag habe der schnellere Ausbau von Trassen große Bedeutung. Sie verwies auf Äußerungen von Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), die erklärt hatte: „Es ist gut, wenn es in Deutschland wettbewerbsfähige und international orientierte Energieversorger gibt.“Eine Konzentration der Geschäfte könne „notwendige Investitionen bei Erzeugung und Verteilnetzen befördern“.
Verbraucherschützer hoffen auf sinkende Preise. Jeder Wettbewerber, der vom Strommarkt verschwinde, bedeute zwar eine traurige Nachricht für den Kunden, sagte Müller dem „Handelsblatt“. „Innogy ist aber ein eher teurer Grundversorger. Darum ist zu hoffen, dass Eon die Strompreise senken wird.“Später ergänzte er: „Die Strompreise für Verbraucher dürfen nicht noch weiter ansteigen. Zudem darf sich die Teilhabe von privaten Verbrauchern an der Energiewende nicht verschlechtern. Beispielsweise sollten Bürgergenossenschaften bei der Ausschreibung von Wind- und Solarparks nicht benachteiligt werden.“
Die Kommunen – mit gut 20 Prozent der Anteile wichtige Aktionäre bei RWE – stellten sich hinter die geplante Aufteilung. Sie sei „sowohl strategisch als auch finanzwirtschaftlich positiv zu bewerten“, teilte ihr Verband mit. Es sei gut, dass mit Eon ein deutsches Unternehmen neuer Partner der RWE und indirekt der Kommunen werde.
Das Bundeskartellamt wollte das Geschäft und mögliche rechtliche Hürden nicht kommentieren. Vermutlich prüft ohnehin die EU-Kommission den Fall – Brüssel kommt dann zum Zuge, wenn es um sehr große Firmen geht.